Heinrich Schmidinger "wundert" sich über die Senate, die trotz Finanznot der Unis gegen Studiengebühren gestimmt haben.

Foto: Der Standard/Corn

"Ich hoffe natürlich, dass mein Antrag durchgeht und wir wieder Studienbeiträge einheben können. Ich glaube, es wird ein sehr knappes Ergebnis - in die eine oder andere Richtung."

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STANDARD: Nach fünf Senatsentscheidungen steht es 3:2 für die autonome Einhebung von Studiengebühren. Uni Wien, TU Graz und WU werden ab Herbst kassieren, die Senate der TU Wien und der Uni Klagenfurt haben sich gegen die Anträge ihrer Rektoren entschieden. Überrascht Sie das Ergebnis?

Heinrich Schmidinger: Überrascht hat es mich nicht, denn die Rektoren haben im Plenum der Universitätenkonferenz zum Teil schon angekündigt, wie die Senate bei ihnen vermutlich entscheiden werden.

STANDARD: Ihre Uni, die Uni Salzburg, ist die nächste. Auf welches Ergebnis Ihres Senats hoffen Sie denn am kommenden Dienstag?

Schmidinger: Ich hoffe natürlich, dass mein Antrag durchgeht und wir wieder Studienbeiträge einheben können. Ich glaube, es wird ein sehr knappes Ergebnis - in die eine oder andere Richtung.

STANDARD: Ist die Hoffnung die auf baldige Gewissheit durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) - oder entspricht Ihr Antrag auch Ihrer Überzeugung, dass Studiengebühren gut, wichtig und richtig sind?

Schmidinger: Ich bin ein Befürworter von Studienbeiträgen. Mir geht es natürlich darum, dass eine juristische Klärung herbeigeführt wird, mir geht es aber vor allem auch um das Geld. Ich kann auf diese Beträge nicht verzichten. Und ich muss sagen, es wundert mich bei den Senaten, die jetzt die Anträge an ihren Unis ablehnen, dass es ihnen darum anscheinend nicht geht, denn das Geld wird es anders nicht geben.

STANDARD:  Es gibt die Angst, dass das Ministerium jene, die keine Gebühren einführen, "bestrafen" könnte, indem bei den Leistungsvereinbarungen gesagt wird: "Ihr fordert mehr Budget, aber auf die Einnahmen aus Studiengebühren verzichtet ihr großmütig."

Schmidinger: Unter diesem Druck fühle ich mich nicht. Ich glaube auch nicht, dass sich das Ministerium so verhalten wird. Ich habe doch schon etliche Gespräche - auch mit Minister Karlheinz Töchterle - geführt, und das ist immer ausgeschlossen worden.

STANDARD: Um wie viel Geld geht es an der Universität Salzburg?

Schmidinger: Wir reden von den Studienbeiträgen, um die es zuletzt ging: 363,36 Euro pro Semester für Nicht-EU-Bürger und Langzeitstudierende. Das ist bei uns ein Betrag von 1,5 Millionen Euro im Jahr, das entspricht 1,5 Prozent von unserem Globalbudget von ungefähr 100 Millionen Euro.

STANDARD:  Was passiert mit dem Geld, das Sie vielleicht im Wintersemester 2012/13 einnehmen? Können Sie es überhaupt ausgeben, oder muss es sofort gebunkert werden für etwaige Rückzahlungen?

Schmidinger: Natürlich muss ich das Geld rückstellen für den Fall, dass die Uni geklagt wird und das zurückzahlen muss, aber ich habe es trotzdem in der Liquidität und kann das Geld einsetzen - das entspricht ungefähr zehn Professuren. Wenn wir das Geld nicht erhalten, müssen wir diesen Betrag einsparen, und wir werden auf jeden Fall auch defizitär.

STANDARD:  Es zeichnen sich erste Wettbewerbsphänomene ab. An der Uni Klagenfurt wurde mit Blick auf die eigene technische Fakultät auch bedacht, dass die benachbarte TU Graz ab Herbst wieder gebührenpflichtig ist - eine gebührenfreie Alternative also attraktiv wäre. Ist das gesunder Wettbewerb oder eine unerwünschte Nebenwirkung?

Schmidinger: Zweiteres. Natürlich wäre auch mir lieber gewesen, die Unis hätten in dieser Frage alle an einem Strang gezogen. Das wäre sicherlich viel besser gewesen für die Position der Universitäten in Österreich insgesamt, aber diese Einigkeit war aus verschiedensten Gründen nicht herzustellen. Deshalb sehe ich das jetzt eher als Nebeneffekt, der sich fast zwangsläufig einstellt, über den ich aber alles andere als glücklich bin. Wenngleich ich nicht glaube, dass er intendiert ist oder der Grund war, warum etwa die TU Wien die Studienbeiträge abgelehnt hat.

STANDARD: Die Uni Wien will die Gebühren stunden. Die WU verpflichtet sich, allen Studierenden die Gebühren zu retournieren, falls der VfGH sie aufhebt, nicht nur jenen, die dagegen Beschwerde erheben. Bei VfGH-Anlassfällen gibt es ja die "Ergreiferprämie" nur für Beschwerdeführer. Was machen Sie?

Schmidinger: Eine Stundung ist bei uns nicht angedacht. Ich gehe ich davon aus, dass im Falle einer Aufhebung alle das Geld wieder zurückbekommen müssen. Ich würde nicht einsehen, dass nur die, die klagen, die Gebühren rückerstattet erhalten. Da würde ich nicht auseinanderdividieren.

STANDARD: Angenommen, der VfGH bestätigt die autonomen Gebühren der Unis, dann hat die Politik das Problem los, und die Unis haben es am Hals. Wie geht's dann weiter? Stichwort Stipendiensystem etc.

Schmidinger: Die Politik wird in keinem Fall darum herumkommen festzustellen, dass das ab jetzt autonome Sache der Universitäten ist. Es gibt dann die eindeutige rechtliche Basis, aber der Gesetzgeber muss noch einmal sagen: Bitte, das ist jetzt Sache.

STANDARD: Soll diese dann juristisch beglaubigte Gebührenautonomie so weit gehen, dass jede Uni tun kann, was sie für gut hält?

Schmidinger: Da würde ich den Vorschlag von Minister Töchterle unterstützen, der sagt, es gibt eine Obergrenze, die liegt bei 500 Euro, und dazu eine Liste von Ausnahmeregelungen, damit schlechte soziale Effekte vermieden werden. Ich würde das nicht in die völlige Willkür einer Universität geben.

STANDARD: Szenario II: Der VfGH hebt auch die neuen Gebührenregelungen der Unis auf, was dann?

Schmidinger: Dann ist der Bund gefordert, uns dieses Geld zu ersetzen, so wie 2008 bei der De-facto-Abschaffung der Studienbeiträge durch SPÖ, FPÖ und Grüne versprochen wurde, dass den Unis das entfallene Geld ersetzt wird. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 11.5.2012)