Stefan Rutzingers Architekturbüro Soma hat den Auftrag für den Expo-Pavillon der Weltausstellung in Südkorea bekommen.

Foto: Malte E. Kollenberg

Standard: Wie kommt ein Architekturbüro aus Österreich an den Auftrag für einen Themenpavillon zu Meer und Küsten?

Rutzinger: Erstens fanden wir die offene Ausschreibung sehr interessant. Das Thema "Der lebendige Ozean und die Küste" ist im weitesten Sinne auch ein Landschaftsthema, und Landschaftsthemen liegen uns. Daraufhin haben wir uns entschlossen, beim Wettbewerb mitzumachen. Als wir gewonnen haben, waren wir sehr überrascht. Wir hatten damals noch nicht einmal ein Büro, geschweige denn eine Firma. Wir haben geblufft und das alles parallel zur Planung in Yeosu angeleiert.

Standard: Worum geht es in Ihrem nun realisierten Entwurf?

Rutzinger: Gewünscht war eigentlich, ein Symbol oder ein Zeichen zu schaffen für die Expo. Das haben wir aber nicht gemacht. Wir haben versucht, ein vielschichtiges Wahrzeichen zu entwickeln, etwas, das auf vielen Ebenen das Thema der Expo anspricht und auch den Besucher mit einbindet. Der muss nun auch selbst interpretativ damit umgehen und selber Stellung beziehen. So soll man also auch in den Pavillon eintauchen können und in die Austellungsinhalte. Dazu kommt ein raffiniertes Klimakonzept, das das Thema auch energetisch aufarbeitet. Aber die Spezialität ist die Lammellenfassade, eine Weltneuheit.

Standard: Können Sie die Fassade etwas genauer erklären?

Rutzinger: Die Idee von so einer organischen Öffnung der Fassade, von Lamellen oder kiemenartigen Öffnungen war bereits im Wettbewerb vorhanden. Das Neuartige bei dieser Fassade ist, dass es ein spezieller Kunststoffflügel ist, der mit minimalem Energieaufwand gedrückt wird und dabei eine Verformung erfährt. Diese Lamelle bleibt nicht starr, sondern verformt sich, etwas, das normalerweise versucht wird zu vermeiden. Hier ist die Verformung gewünscht. Die Technik geht zurück auf Untersuchungen und Studien von Pflanzenbewegungen.

Standard: Korea legt sehr viel Augenmerk auf grünes Wachstum, alles soll so ökologisch daherkommen wie möglich - zumindest nach außen. Wie ist Ihre Erfahrung?

Rutzinger: Man ist am Beginn der Projektphase genau daran sehr interessiert gewesen, wollte das auch noch stärker ausbauen, ist dann aber sukzessive zurückgerudert. Wir konnten aber die Eckpfeiler des Projekts halten, nämlich das Klimakonzept.

Standard: Können Sie sich an ein besonderes Erlebnis im Zusammenhang mit dem Bau des Expo-Pavillons erinnern?

Rutzinger: Wir haben mehr Zeit am Flughafen und im Flieger verbracht und die Präsentationen dort vorbereitet als im Büro in Wien oder am Verhandlungstisch in Korea. (Malte E. Kollenberg, DER STANDARD, 10.5.2012)