In Nordrhein-Westfalen steht an diesem Sonntag die wohl wichtigste Abstimmung vor der nächsten deutschen Bundestagswahl an. Die rund 13,2 Millionen Wahlberechtigten entscheiden, wie es nach dem Aus für die rot-grüne Minderheitsregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) weitergeht. Umfragen zufolge könnte es in Düsseldorf ein Fünf-Parteien-Parlament mit FDP und Piraten geben. Die Linke muss dagegen um die Rückkehr ins Parlament bangen.

Die rot-grüne Minderheitsregierung war Mitte März mit dem Etat 2012 im Parlament gescheitert. Darauf sich der Landtag erstmals in der Geschichte Nordrhein-Westfalens aufgelöst. Deshalb muss im bevölkerungsreichsten Bundesland nach nur zwei Jahren schon wieder gewählt werden. Die Wahl in Nordrhein-Westfalen wird oft als kleine deutsche Bundestagswahl bezeichnet, denn in keinem Bundesland gibt es so viele Stimmberechtigte wie an Rhein und Ruhr. Rund 13,2 Millionen Menschen sind am 13. Mai zur vorgezogenen Neuwahl des Düsseldorfer Landtags aufgerufen, mehr als ein Fünftel der Wahlberechtigten bundesweit.

Es folgen Kurzporträts der wichtigsten Spitzenkandidatinnen und -kandidaten.

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Hannelore Kraft (SPD) ist die aktuelle NRW-Ministerpräsidentin. Nur 20 Monate lang regierte sie mit den Grünen in einer Minderheitsregierung. Diesmal setzt Kraft zusammen mit ihrer Vize-Regierungschefin Silvia Löhrmann von den Grünen auf eine klare Mehrheit. Die Wahl-Umfragen verhießen zunächst den eindeutigen Sieg - jetzt könnte die Piratenpartei einen Strich durch die Rechnung machen. Vorsichtshalber will keiner der Matadoren sich mit Blick auf mögliche Koalitionen festlegen. Kraft unterstreicht: "Ich kämpfe für eine starke SPD." Die 50-Jährige ist SPD-Vizevorsitzende und Präsidiumsmitglied und hat deshalb in der Bundes-SPD großen Einfluss. Die Unternehmensberaterin kommt aus dem Ruhrgebiet. 2005 wurde sie erst Fraktionschefin, 2007 dann auch SPD-Vorsitzende in NRW. 

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Norbert Röttgen ist der aktuelle Umweltminister Deutschlands und will nun CDU-Ministerpräsident in NRW werden, will sich aber nicht festlegen, ob er auch als Oppositionsführer im NRW-Landtag bereitstehen würde. Der Jurist aus Bonn sitzt für die Christdemokraten seit 1994 im Bundestag und war rechtspolitischer Sprecher und Parlamentarischer Geschäftsführer. Er hat als Minister maßgeblich den Atomausstieg vorangetrieben.

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Sylvia Löhrmann (li, mit Hannelore Kraft) von den Grünen hatte 2010 auf die rot-grüne NRW-Minderheitsregierung gedrängt. Die 55-jährige Lehrerin kam als Lehrkraft nach Solingen, engagierte sich dort auch in der Kommunalpolitik und rückte 1995 ins NRW-Parlament nach. 1998 wurde Löhrmann Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion. Nach der Landtagswahl 2000 wurde sie zur Fraktionschefin gewählt.

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Christian Lindner soll in NRW für die ums Überleben kämpfenden FDP den "Erfolg"  von Schleswig-Holstein wiederholen, wieder in den Lantag einzuziehen. Der 33-Jährige wurde erst am 6. Mai zum Vorsitzenden des FDP-Landesverbands gewählt. Dem 33-Jährigen aus dem bergischen Wermelskirchen ist es mit seinem Ein-Mann-Wahlkampf gelungen, den FDP-Wert in den Umfragen auf bis zu sechs Prozent zu verdreifachen. Lindner hat auf klassische CDU-Themen wie den Erhalt des Gymnasiums gesetzt. Lindner war als Generalsekretär der Bundes-FDP im Dezember 2011 zurückgetreten.

Sollte Lindner an der Fünf-Prozent-Hürde in NRW scheitern, würde das der FDP insgesamt weiter schaden und ihre Position als Koalitionspartner in der Bundesregierung schwächen. Ein Wegbrechen des kleinen  Koalitionspartners hätte gravierende Auswirkungen auf die Regierung von Kanzlerin Merkel.

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Katharina Schwabedissen (39) ist in Nordrhein-Westfalen die Nummer 1 der Linken. Die gelernte Krankenschwester gehört dem linken Flügel ihrer Partei an, macht sich auch für innenpolitische Themen stark, fordert eine Millionärssteuer. Die Linke schaffte 2010 mit 5,6 Prozent erstmals den Sprung in den NRW-Landtag. Dieses Jahr drohen sie laut Umfragen an dieser Hürde zu scheitern. Die Piraten dümpelten vor zwei Jahren noch bei 1,6 Prozent. Die Pastorentochter ist Friedensaktivistin und Atomkraftgegnerin.

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Ein unbekannter Überraschungskandidat tritt für die Piraten in NRW an. Joachim Paul ist ein promovierter Biophysiker aus Neuss und gilt als völlig politikunerfahren. Der 54-Jährige ist wissenschaftlicher Referent im öffentlichen Dienst, wo er als Medienpädagoge arbeitet. Er tritt ein für mehr Chancengerechtigkeit und bessere Bildungsmöglichkeiten, will für mehr Solidarität kämpfen. Eine Regierungsbeteiligung traut er sich und den Piraten aber noch nicht zu. Seine Partei sei noch in der Entwicklung und wolle auf Oppositionsbänken lernen. Die Piraten können laut Umfragen auch in NRW mit dem Einzug in den Landtag rechnen, es wäre ihr vierter Erfolg in Serie. (red, APA, derStandard.at, 9.5.2012)

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