Das Medieninteresse an Karl-Heinz Grasser (hier von hinten) im Ausschuss ist ungebrochen. Der Ex-Minister nutzte die Chance, um die Vorwürfe zurückzuweisen.

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Die Abgeordneten haben sich gut vorbereitet. Das letzte Mal, als Karl-Heinz Grasser in den Untersuchungsausschuss geladen war, konnte er sich redegewandt aus allen Vorwürfen winden - das soll ihm nicht noch einmal gelingen, stellen die Mandatare von Anfang an klar.

Bereits in der ersten Runde gibt es so viele Rufe zur Geschäftsordnung wie noch nie. Auf die Vorsitzende Gabriela Moser (Grüne) hageln Vorwürfe ein: Grasser würde unterbrechen, zu ausweichend antworten, die Unwahrheit sagen.

Moser versucht zu beruhigen: "Ich kann dem Zeugen nicht vorschreiben, wie er zu antworten hat." Grasser soll Fragen zur Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 beantworten. Der Ex-Minister steht unter Verdacht, das Vergabeverfahren beeinflusst zu haben. Erst vergangene Woche hatte Ex-Kabinettschef Heinrich Traumüller Grasser in seiner Aussage schwer belastet. Er gab zu, dass der damalige Minister deutlich mehr Insiderwissen in dem Bieterverfahren gehabt haben soll, als bisher bekannt war.

Der Vorwurf, dem sich Grasser stellen muss: Er soll seinem Freund und Trauzeugen Walter Meischberger die Information gesteckt haben, dass mindestens 960 Millionen Euro geboten werden müssten. Der soll diese Information an Lobbyisten Peter Hochegger und der sie wiederum an das letztlich siegreiche Konsortium weitergeleitet haben. Meischberger und Hochegger brachte der Deal immerhin stolze 9,9 Millionen Euro Erfolgsprovision.

Grasser - der nervöser wirkt als bei seiner ersten Ladung - reagiert auf die harten Fragen der Ausschussmitglieder mit Gegenangriff. Für ihn wurde Traumüller vom Ausschuss zu stark unter Druck gesetzt: "Herr Traumüller hat versucht, nach bestem Wissen und Gewissen auszusagen. Der Ausschuss ist zu weit gegangen, wenn er einen Beamten so unter Druck setzt, dass er nicht nach Hause geht und von seiner Familie als vermisst gemeldet wird."

Heftiger Protest der Mandatare: Stefan Petzner (BZÖ) ist verärgert, er sagt: "Werfen Sie uns nicht vor, was Sie damals als Finanzminister angerichtet haben!" Ähnlich Hannes Jarolim (SPÖ), der befindet, es stehe einer Auskunftsperson nicht zu, die Ausschussarbeit zu beurteilen.

"Schlechte Optik"

Petzner spricht Grasser auf das Vorkaufsrecht Kärntens an, dass der damalige Landeshauptmann Jörg Haider und Grasser vereinbart hatten. Für Petzner ungültig: "Es gab einen Kaszettel, der nicht rechtsgültig war." Grasser bleibt auf Konfrontationskurs und beschwert sich: "Es geht nicht, dass Briefe vom Finanzminister als Kaszettel bezeichnet werden!"

Dass Traumüller gesagt habe, er hätte den Finanzierungsrahmen der CA Immo in Höhe von 960 Millionen gewusst, sei der "Rohrkrepierer des Ausschusses". Er habe schon der Staatsanwaltschaft gesagt, dass ihm die Summe bekannt gewesen war. "Und was bedeutet das? Gar nichts. Ich habe diese Zahl niemandem weitergegeben", betonte Grasser.

Außerdem hätten mehrere Personen Bescheid gewusst. Ähnliches hatte vor ihm Walter Meischberger ausgesagt. Er habe zwischen 4. und 11. Juni 2004, also zwischen erster und zweiter Bieterrunde, Hochegger empfohlen, über 960 Millionen zu gehen.

Woher er die Zahl hatte, konnte er nicht erklären, die sei "herumgegeistert". Auch der Jörg Haider habe Bescheid gewusst. Grasser sei aus seiner Sicht "unschuldig", betonte Meischberger. Auch wenn seine Nähe zum Ex-Finanzminister eine "schlechte Optik" habe: "An mir ist nichts schlecht." Es habe keinen Insiderinformationsfluss gegeben.

Mittlerweile hätten sie ein "Nullverhältnis", sagt Meischberger und bringt sein Dilemma selbst auf den Punkt: "Es ist immer dasselbe mit diesem Wir, dieser Nähe, diesem Freundschaftsverhältnis", beklagt er gegen Ende der über dreistündigen Befragung. (Saskia Jungnikl/Andreas Schnauder, DER STANDARD, 9.5.2012)