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Fracking in Pennsylvania: Bei den US-Fördermethoden werden massive Umweltfolgen kritisiert.

Foto: EPA

Berlin/Prag/Wien - Nun steht auch Deutschland auf der "Fracking"-Bremse: Ein "unabhängiges wissenschaftliches Gutachten" solle eingeholt werden, erklärte Montagabend ein Sprecher des deutschen Umweltministeriums. Das Gutachten solle Mitte 2012 vorliegen - und erst dann könnten offene Fragen zur Erdgasförderung aus tiefen Gesteinsschichten geklärt werden. Bis dahin will das deutsche Umweltministerium keine Genehmigungen zur Schiefergasförderung mehr erteilen. In Trinkwasserschutzgebieten sollte generell auf Bohrungen verzichtet werden. "Die Sicherheit von Mensch, Natur und Wasser hat oberste Priorität", sagt Umweltminister Norbert Röttgen (CDU).

Die Schiefergasförderung wird bisher vor allem in den USA intensiv betrieben und ist höchst umstritten. Dabei wird ein Bohrloch in die Tiefe getrieben, wo das in Gestein eingeschlossene Methan schlummert. Danach wird mit Sand und einem Chemiecocktail angereichertes Wasser hinuntergepumpt, das Gestein regelrecht aufgesprengt - und so das Erdgas freigesetzt, das anschließend nach oben strömt.

Allerdings: In den USA kommt ein Gutteil des dann mit Schwermetallen und radioaktiven Stoffen angereicherten Giftwassers wieder an die Oberfläche und wird in Teichen gelagert. Gelegentlich tritt die Brühe aus, und schwere Kontaminierungen sind die Folge.

Tschechien blockiert Fracking

Anfang der Woche hatte auch Tschechien angekündigt, vorerst keine Schiefergasförderung zu genehmigen: Umweltminister Tomas Chalupa will alle Ansuchen von Förderfirmen blockieren - die tschechische Gesetzgebung sei dafür noch nicht vorbereitet, berichtete Zeitung Hospodárské noviny am Montag. Chalupa peilt "vielleicht ein Jahr oder zwei" für die Vorbereitung der rechtlichen Rahmenbedingungen an.

In Österreich waren die Pläne der OMV, im Weinviertel Schiefergas zu fördern, nach massiven Bürgerprotesten bereits Anfang März auf Eis gelegt worden. Die OMV hatte eine neue Methode in Aussicht gestellt, bei der die chemischen Zusätze durch Maisstärke ersetzt werden sollten.

100 Konzessionen in Polen

In Polen hingegen, wo mit dem größten Schiefergas-Potenzial in Europa gerechnet wird, wurden schon mehr als 100 Fracking-Konzessionen für über 20 Firmen erteilt. Anfang Februar dieses Jahres hatte allerdings der US-Konzern ExxonMobil einen Rückschlag eingestehen müssen: Zwei Probebohrungen, die Ende 2011 gemacht wurden, seien nicht zufriedenstellend verlaufen. Es sei zu wenig Gas gefunden worden.

Der Schwenk in Deutschland ist für ExxonMobil ein weiterer Rückschlag, da das Unternehmen auch in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bei Erkundungen aktiv war. SPD und Grüne wiederum orten in den nun vorsichtigen Tönen aus dem deutschen Umweltministerium eine mögliche " Wahlkampfmasche" - denn am kommenden Sonntag wird in Nordrhein-Westfalen gewählt. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 9.5.2012)