Wien - Es gibt da eine Almwiese beim kleinen Osttiroler Dörfchen Innervillgraten, die nennt sich Franui. Und es schien dieser Formation um Trompeter und Komponist Andreas Schett passend, sich nach eben dieser Wiese zu benennen - hatte ja irgendwie viel zu tun mit der Gegend, das, was die Musicbanda so macht. Wobei: Längst lässt sich die Arbeit von Franui, einer der begehrtesten heimischen Formationen, nicht mehr gerecht mit dem Wort Folklore umschreiben.

Ist die Besetzung zwar mit Blech- wie Holzbläsern, Streichern, Hackbrett und Harfe in der Tradition Tiroler Tanzkapellen verwurzelt, reüssiert Franui in den vergangenen Jahren vor allem durch eine charmante Interpretation des klassischen 19. Jahrhunderts. Mittlerweile ist das Ergebnis auf eine stolze Trilogie angewachsen, die nun auch als Drei-CD-Box wiederveröffentlicht wird (bei Col legno). Und da man mit der eigenen Ästhetik längst auch die Hochkulturtempel zu Freunden gemacht hat, ist es nur logisch, dass ab heute an der Wiener Volksoper Franui zu hören sein werden. Zusammen mit dem (Texte lesenden) Mentor Sven-Eric Bechtolf wird Schubert-Material gedeutet - bei folgenden Terminen befasst man sich mit Brahms und Mahler.

Franui allerdings zerlegen das Original nicht, nicht in dem Sinne jedenfalls, wie etwa US-Musiker Uri Caine, der vor Jahren Mahlers symphonische Welten grandios auch durch die Kammer der freien Improvisation jagte. Es ist bei Franui zumeist eine schöne Balance zwischen Subjektivität und Original zu hören: "Es geht darum, das Original zunächst verstehen zu lernen, dessen Schönheit zu erfassen, um sie dann tragfähig zelebrieren zu können. Manchmal wird nur ein Soundtupfer hinzugefügt, oft nur einzelne Noten. Manchmal nehmen wir das Original aber komplett auseinander, um es dann neu zusammenzustellen."

"Wir" das ist neben Schett in der Regel auch Bassist Markus Kraler. Gerade arbeitet man auch an der Musik zu Bienen. Eine Schneise (Libretto: Händl Klaus), das bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wird, und schwärmt von Alban Bergs Jugendliedern, die für das Bienen -Stück herangezogen werden. Gemeinsam komponieren? "Das geht. Vor 20 Jahren haben wir angefangen, es wurde eine Art Pingpong-Spiel, mit dem man umgehen lernt. Zusatzvorteil: Wenn man müde ist, kann man sich gegenseitig quasi auffrischen. Alleine würde man das nicht schaffen. Wir sind uns bei weiten nicht immer einig, aber ein Debattierclub sind wir auch nicht", so Schett.

Das Klima dürfte also gut sein, auch in der Band, seit 1993 spielen ja Franui in nahezu unveränderter Besetzung, nehmen CDs auf - dies auch aus einem gewissen Optimismus heraus. "Es gibt so viel interessante Musik, die man dokumentieren muss", so Schett, der bei Col legno auch insgesamt mitgestaltend tätig ist. "Man behauptet zwar, dass niemand mehr CDs kauft. Seltsamerweise wurden in Österreich aber 2011 Einspielungen in der Höhe von 170 Millionen Euro verkauft." (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 9.5.2012)