Zweifel an der Eurozone hat es in den USA immer schon gegeben. Ohne massive Transfers innerhalb der Währungsunion wären Staaten wie Griechenland oder Portugal eben nicht überlebensfähig, lautet der Tenor. Das zeigt nun auch eine Analyse der US-Bank J.P. Morgan. Michael Cembalest, bei dem Kreditinstitut für die globale Investmentstrategie zuständig, kommt in zwei Grafiken zu folgendem Schluss: Vereinigte Staaten von Europa oder Zerfall der Eurozone.
Unterschiede machen nicht immer Freude
Grafik eins, gesichtet im Magazin "The Atlantic", soll zeigen, warum die Länder der Eurozone wahrlich schlechte Voraussetzungen für eine Währungsunion mitbringen. Cembalest hat 100 Faktoren aus dem World Economic Forum Global Competitiveness Report hergenommen - von Schuldenständen und Budgetdefiziten über die Verbreitung von Korruption bis hin zu verfügbaren Airline-Sitzplatzkilometern - und nach Weltregionen gegliedert. Sein Fazit: Selten passt etwas weniger gut zusammen als jene 17 Länder, die den Euro als Zahlungsmittel teilen. Gründeten alle Staaten, die mit dem Buchstaben "M" anfangen, eine Währungsunion, würden die Differenzen kleiner sein als in den Euro-17.
Besonders gut zusammenpassen würden u.a. die Marktwirtschaften Lateinamerikas, Zentralamerika, die Golfstaaten und Nordeuropa inklusive Skandinavien. Schlechter schaut es hingegen in Südostasien aus.
Ohne Umverteilung kein Platz für Krisenländer
Grafik zwei zeigt, dass die Eurostaaten weit mehr Transferzahlungen an Griechenland und Co. als bisher leisten müssten. J.P. Morgan hat US-Steuerdaten hergenommen und sich angesehen, wie Steuergelder von den reichen Bundesstaaten Kalifornien, Connecticut, Illinois, New Jersey und New York in ärmere Staaten wie Mississippi, Tennessee oder Missouri fließen. Demnach bekommen Missouri und Tennessee für jeden Dollar an Steuer, den sie nach Washington schicken, rund 1,3 Dollar zurück. Bei den erwähnten reicheren Bundesstaaten das Gegenteil: Im Schnitt bekommt das Quintett nur 0,75 Dollar für jeden Steuerdollar im Rahmen des Finanzausgleichs.
Im Umkehrschluss müssten die reichen Euroländer wie Deutschland, Österreich, Niederlande oder Finnland für jeden griechischen oder portugiesischen Steuereuro 30 Cent drauflegen, wie Derek Thompson von "The Atlantic" anmerkt. Da die Eurozone, anders als die USA, aber keine Fiskalunion ist, wird eine Umverteilung in diesem Ausmaß nicht passieren. Die Frage ist, ob Griechenland so nicht Dauerpatient bleibt - und ob die Währungsunion in der Form überhaupt Zukunft hat. (Hermann Sussitz, derstandard.at, 8.5.2012)