Wenn der kleine Mann und die kleine Frau - Freiberufler, Gewerbetreibende - auf die kleinen Steuerprüfer aus dem Reiche des Finanzministers stoßen, so haben sie einiges zu erzählen. Da wird infrage gestellt, ob das Lesen von Fachliteratur nicht auch klammheimliches privates Vergnügen bereitet oder der Internetanschluss nicht auch für private Mails verwendet und das Handy nicht auch für Privatgespräche benutzt wird - weil all dies eine andere steuerliche Behandlung zum Nachteil des Steuerzahlers zur Folge hat. In diesen Tagen, da die Kassen des Staates so schwer zu füllen sind, hört man davon, dass Steuerprüfungen besonders hartnäckig darauf dringen, dem Fiskus bessere Erträge zu bescheren.

Was würden da die kleinen Steuerprüfer erst sagen, wenn sie bei ihrem Chef eine Prüfung machen und dabei auf eine kleine Homepage stoßen, für die einflussreiche Freunde des Chefs ein paar Hunderttausend Euro (einige Millionen in altem Geld, wie in der politischen Rhetorik gern in Erinnerung gerufen wird) unversteuert gespendet haben? Doch halt, es ist ja nicht die Homepage des Finanzministers, die da unter www. karlheinzgrasser.at im Netz steht, es ist der "Verein zur Förderung der New Eonomy", der Bildchen von Baby Karl-Heinz und der Besteigung des Stephansdoms durch KHG verbreitet. Diese absurde Darstellung ist durchaus der New Economy würdig, deren "kreative Bilanzierungen" zu Megapleiten und Megastrafen für Unternehmen führten.

Um die steuerliche Frage zu klären, gibt es jenseits von Dutzenden Expertenmeinungen nur einen Weg: eine Steuerprüfung, die aufgrund einer Selbstanzeige des Finanzministers oder von Amts wegen eingeleitet werden muss und für die die betreffenden Beamten weisungsfrei zu stellen sind.

Die politische Frage hingegen liegt in großer Klarheit auf dem Tisch: Die Homepage von KHG ist weniger ein Stück New Economy, sondern ein Fall von gutem altem "Old Filz". Da gibt es einen Verein, dessen Vorstand aus dem Kabinettschef und Kabinettsmitarbeitern des Finanzministers besteht; diese schnorren Geld (Steuerprüfer würden fragen: Haben sie dafür ihr privates Handy benutzt? Ihr Diensttelefon?) und bedanken sich für Spenden auf dem Briefpapier des Finanzministers. Der Verein lukriert ein paar Hunderttausend Euro, mit denen sich Aufträge an gute alte Bekannte vergeben lassen - unter anderem eine Internetfirma einer Pleite gegangenen New-Economy-Firma im blauen Dunstkreis. So haben alle was davon, vor allem auch KHG, der ja bis zu seinem politischen Absprung vor kurzem mit seinem von der FPÖ beschnittenen Ministersalär auskommen musste und sich wahrscheinlich eine private Homepage nicht leisten konnte, wie sie sich Tausende Österreicher in ihrer Freizeit selbst basteln.

Nicht zu vergessen natürlich der großmütige Hauptförderer der New Economy, die Industriellenvereinigung. Diese kauft sich natürlich keinen Finanzminister, das wäre ja unanständig und womöglich sogar verboten, aber sie kauft dem Finanzminister etwas, was viel Freude bereitet. Diese private Freude wird aber ein ausgewiesener Saubermann wie KHG zur Seite stellen, wenn er von Amts wegen demnächst über die Senkung der Körperschaftssteuer nachdenken muss, was der Industriellenvereinigung viel Freude machen würde. Wozu auch, wo er doch ein Rückkehrrecht in einen der größten privaten Konzerne Österreichs hat und daher politische Entscheidungen, wie etwa seine Zustimmung zum Eurofighter-Kauf, völlig losgelöst von privaten existenziellen Sorgen treffen kann.

Entfernt erinnert das an eine andere Affäre namens Euroteam, einen von Regierungsmitarbeitern gebildeten Verein, der Aufträge von der Republik bekam und dessen Rechnungsprüfer der Sohn des Kanzlers war. Aber der Vergleich wäre unfair, denn wir leben ja in der New Economy - da wird der Filz jetzt privatisiert und über Internet abgewickelt. Verlinkt muss man eben sein. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.6.2003)