Die Kritik am von Innenminister Ernst Strasser geplanten Asylgesetz reißt nicht ab. Auch die überarbeitete Version verstoße gegen Grundrechte, urteilt der UNHCR.

***

Wien - Auch der in einigen Punkten abgefederte Entwurf zum neuen österreichischen Asylgesetz stößt auf heftigen Widerstand. Gottfried Köfner, UNHCR-Vertreter in Österreich, sieht in der überarbeiteten Version des Innenministeriums immer noch "mehrfach Verstöße gegen Menschenrechts- und Flüchtlingskonvention." Peter Grubits von Katholischen Aktion spricht angesichts des heute, Freitag, begangenen internationalen Flüchtlingstages von einem "Tag der Schande" für Österreich.

Besonders kritisiert wird das Beharren auf dem Neuerungsverbot, wonach in der Berufungsinstanz keine neuen Argumente vorgebracht werden können. Weitere Kritikpunkte betreffen die Abschaffung von Asylanträgen an heimischen Grenzposten sowie die Möglichkeit, Asylwerber während der Berufung abzuschieben. Letzteres bedeute, dass künftig "die keineswegs fehlerfreie Erstinstanz de facto ohne effektives Sicherheitsnetz über Leben oder neuerliche Verfolgung von Menschen entscheiden wird", so Köfner. Effektive Rechtsmittel fehlten.

Bezüglich des Neuerungsverbots meint der UNHCR-Vertreter, dieses bedeute, "dass die meisten Asylwerber künftig ihre ganze Geschichte von Flucht und Verfolgung auf Knopfdruck hervorsprudeln werden müssen" - für traumatisierte Flüchtlinge ein Ding der Unmöglichkeit. Köfner: "So ein Unverständnis für Betroffene bestürzt mich zutiefst."

Eine Verschärfung gegenüber dem ersten Entwurf sei die geplante Abschiebung in einer neuen Zwölfmonatsfrist für Folgeanträge nach negativem Bescheid. "Wieder denkt man offenbar nur an so genannten Missbrauch, nicht daran, dass ein Putsch oder politische Veränderungen manchmal sehr rasch neue Verfolgung schaffen", ärgert sich der UN-Repräsentant.

Maximal 72 Stunden

Kernpunkt des neuen Asylgesetzes ist die Schaffung eines Erstaufnahmezentrums in Traiskirchen, wo innerhalb maximal 72 Stunden entschieden werden soll, ob der Antragssteller sofort Asyl erhält, gleich zurückgeschickt wird oder ein ausführlicheres Verfahren eingeleitet wird. Besonders umstritten ist die Drittstaatsregelung, die es Österreich ermöglicht, Asylwerber, die aus einem der Nachbarstaaten einreisen, in diese zurückzuschicken. Nach Kritik in der Begutachtung wurde die Möglichkeit geschaffen, auch in solchen Fällen unter bestimmten Rahmenbedingungen eine Einzelprüfung durchzuführen.

Terezija Stoisits, Menschenrechtssprecherin der Grünen, wirft Innenminister Ernst Strasser (VP) vor, aus dem Asylverfahren ein Abschiebeverfahren zu machen. Das neue Gesetz soll noch vor der Sommerpause im Parlament beschlossen werden. (APA, red/DER STANDARD, Printausgabe, 20.6.2003)