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Die Regierung Jäätteenmäki geht mit einer Dauer von 63 Tagen als eine der kürzesten Regierungen in die Geschichte der finnischen Demokratie ein

Foto: Reuters/Martti Kainulainen
"Wenn das Vertrauen weg ist, ist es weg", sagte die finnische Regierungschefin Anneli Jäätteenmäki in ihrem Rücktritts-statement. Ein Fehler im Wahlkampf brachte sie zu Fall.

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Helsinki - Das Ende kam für die erste finnische Regierungschefin nach etwas mehr als zwei Monaten im Amt: Anneli Jäätteenmäki (48) hat am Mittwoch ihren Rücktritt als Regierungschefin bekannt gegeben. Die Chefin der Zentrumspartei führte eine Regierungskoalition mit den Sozialdemokraten ihres Vorgängers Paavo Lipponen.

Zum Stolperstein wurde der 48-jährigen Politikerin die Affäre um ein geheimes Papier - ein Protokoll eines Gesprächs zwischen US-Präsident George Bush und dem damaligen Ministerpräsident Lipponen - über die finnische Position im Irakkonflikt, dessen Inhalt sie im Winter zum Wahlkampfthema gemacht hatte. Jäätteenmäkis Position wurde am Mittwoch unhaltbar, nachdem mehrere Vertreter der Sozialdemokraten ihr das Vertrauen aufgekündigt hatten.

Die Zentrumspartei will nun spätestens kommende Woche entscheiden, ob sie die Koalition mit den Sozialdemokraten fortsetzen will. Ist das der Fall, dann ist der bisherige Stellvertreter Jäätteenmäkis als Parteichef, Verteidigungsminister Matti Vanhanen, der aussichtsreichste Kandidat für den Posten als Ministerpräsident.

Jäätteenmäki hatte in einer TV-Konfrontation am 6. März des Jahres Lipponen beschuldigt, übertrieben US-freundlich zu agieren und den Amerikanern zu weit reichende Unterstützung im Irakkonflikt versprochen zu haben und damit die bündnisfreie Position Finnlands zu gefährden. Sie bezog sich dabei auf Informationen, die aus dem geheimen Papier stammten. Vor einigen Wochen setzte die Boulevard-presse die Affäre ins Rampenlicht. In der Folge wuchs der Druck auf die Regierungschefin beständig.

Noch am Mittwoch in der Früh hatte Jäätteenmäki überraschend dem finnischen Parlament ihren Standpunkt in der Angelegenheit dargelegt, nachdem ihr Rechenschaftsbericht noch am Vortag erst für nächste Woche angekündigt worden war.

Widersprüche

Ihre Ausführungen, wonach sie seinerzeit im Wahlkampf ein "überraschendes" Fax von Präsidentenberater Martti Manninen erhalten habe, das Informationen aus dem Geheimprotokoll beinhaltete, überzeugten aber weder Opposition noch Regierungspartner. Jäätteenmäki bestritt, die geheimen Informationen, von Manninen aktiv angefordert zu haben, wie dieser allerdings in einem Interview behauptete. Dieser Widerspruch veranlasste letztendlich die Sozialdemokraten, Jäätteenmäki das Vertrauen als Regierungschefin zu entziehen. (APA, STT/DER STANDARD, Printausgabe, 20.6.2003)