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Das E-Book ist nach mehreren Anläufen erst einmal gescheitert: Niemand will ein zusätzliches elektronisches Gerät kaufen, das sich nur sehr eingeschränkt nutzen lässt. Gleichwohl haben Bücher in elektronischer Form weiter ihren Sinn. Sie werden im Internet angeboten oder auf CD gepresst wie eine jetzt erschienene Sammlung zur Weltliteratur mit 163 Werken von 122 Schriftstellern.

Welcher Roman war es doch gleich, in dem eine Natascha eine tragende Rolle gespielt hat? Die Volltextsuche in der "Bibliothek der Weltliteratur" fördert mehr als 1.200 Stellen mit Natascha zu Tage, die meisten davon in Tolstojs "Krieg und Frieden", einige auch in Tschechows Drama "Drei Schwestern".

Zwar wird wohl niemand "Krieg und Frieden" auf 3.233 Bildschirmseiten am Computer lesen. Aber wenn es darum geht, eine bestimmte Schlüsselszene des Werks wiederzufinden, ohne alles von vorn lesen zu müssen, gibt es keine bessere Möglichkeit als die elektronische Recherche. Nachdem die "Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka" bereits solche Erkundungsgänge eröffnet hat, schlägt der neue Titel der "Digitalen Bibliothek" jetzt die Brücke zur Weltliteratur.

Bei der Auswahl ließen sich Markus Finkbeiner und Thomas Hafki von früheren Zusammenstellungen der wichtigsten Werke der Weltliteratur leiten. Diese reichen von Hermann Hesses "Kleiner Bibliothek der Weltliteratur" von 1929 bis zur "Zeit-Bibliothek der 100 Bücher" von 1980 und der Liste der "100 besten Bücher" des Osloer Nobelinstituts aus dem vergangenen Jahr. Wegen des Urheberrechts wurden nur diejenigen Werke berücksichtigt, deren Autoren oder Übersetzer seit mindestens 70 Jahren tot sind. Einen William Faulkner oder Gabriel Garcia Marquez wird man auf der CD daher vergeblich suchen.

Cechov

Von den internationalen Literaturlisten ließen sich die Herausgeber offenbar dazu verleiten, Autoren aus Kulturen mit nichtlateinischer Schrift in der englischen Schreibweise aufzuführen anstatt deren Namen in die deutsche Form zu transkribieren. So wird etwa Tschechow gewöhnungsbedürftig als Cechov und Dostojewski als Dostoevskij geführt. Dies erstreckt sich aber zum Glück nicht auf die Werke, weil sonst aus der Natascha eine Natasha geworden wäre.

Kurzbio

Jedem Werk ist eine Kurzbiografie des Autors in Form einer Zeittafel sowie ein Porträt vorangestellt. Lebensdaten der Autoren und Eckdaten der Werke wurden außerdem in eine übersichtliche Tabellenform gebracht. Hier kann auch die alphabetisch nach Autoren geordnete Sammlung in eine chronologische Reihenfolge gebracht werden, von Homer bis Franz Kafka.

Wenn nicht nur maximal acht Seiten auf einmal in die Zwischenablage kopiert werden könnten, ließen sich die digitalisierten Romane, Erzählungen, Dramen, Gedichte und Märchen in einem Rutsch ins PDF-Format umwandeln und auf einen kleinen Handheld-Computer übertragen.(Von Peter Zschunke/AP)