Bild nicht mehr verfügbar.

CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager wird abtransportiert. Er erhielt kein Mandat.

Reuters/Matzen
Grafik: DER STANDARD

Die Regierungsbildung nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein dürfte nicht einfach werden - und am Ende wird es, zum Missfallen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, wahrscheinlich einen schwarzen Ministerpräsidenten weniger in Deutschland geben. Zwar wurde die amtierende schwarz-gelbe Landesregierung am Sonntag klar abgewählt. Doch aufgrund der Stärke der Piraten, die mit 8,2 Prozent in den Landtag einziehen, reicht es auch nicht für Rot-Grün.

SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig, der eigentlich 40 Prozent der Stimmen holen wollte, es aber nur auf 30,4 Prozent schaffte, ist jedoch wild entschlossen, neuer Ministerpräsident zu werden. Er versucht nun eine sogenannte "Dänen-Ampel" zu schmieden: ein Bündnis aus SPD, Grünen und dem Südschleswigschem Wählerverband (SSW).

Dieser vertritt die dänische und friesische Minderheit in Schleswig-Holstein und ist von der Fünf-Prozent-Klausel befreit. Der SSW sitzt seit 1958 ununterbrochen im Kieler Landtag und bekennt sich zum politischen und gesellschaftlichen Modell Skandinaviens, tritt etwa für eine Gesamtschule ein. Inhaltlich steht er den Sozialdemokraten näher als der CDU.

Gemeinsam hätte die Dänen-Ampel 35 Mandate im Landtag, ein Mandat mehr als die absolute Mehrheit. "Damit können wir einen Politikwechsel herbeiführen. Wenn es irgendwie geht, werden wir es machen", sagt Albig. Rückendeckung bekommt die Nord-SPD von der SPD im Bund. So meinte auch SPD-Chef Sigmar Gabriel am Montag: "Eine Stimme Mehrheit reicht."

Einen ersten Versuch hatte es im Jahr 2005 gegeben. Die damalige Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) beschloss, sich mit ihrer rot-grünen Minderheitsregierung vom SSW tolerieren zu lassen. Doch so weit kam es gar nicht. Gleich bei der Wahl zur Ministerpräsidentin im Landtag fiel Simonis in vier Wahlgängen durch. Noch heute weiß man nicht, wer der "Heide-Mörder" in den eigenen Reihen war.

Damit so etwas nicht wieder passiert, bieten die Piraten ihre Hilfe an. Mitregieren wollen sie zwar nicht, sie können sich aber vorstellen, Albig bei der Wahl zum Ministerpräsidenten und die Dänen-Ampel bei der Arbeit zu unterstützen. Denn SPD, Grüne und SSW differieren in der Schul- und Verkehrspolitik durchaus.

Pech für CDU-Spitzenmann

Sollte es zu einer Dänen-Ampel kommen, dürfte sich das politische Klima in Deutschlands nördlichstem Bundesland verschärfen. Die CDU mit ihrem Chef und Spitzenkandidaten Jost de Jager läuft jetzt schon Sturm gegen das Bündnis: "Die Dänen-Ampel wird mit Sicherheit kein tragfähiges inhaltliches Ergebnis hinbekommen."

De Jagers CDU ist ganz knapp stärkste Kraft geworden, kann aber keine schwarz-gelbe Koalition mehr bilden, weil die FDP nicht stark genug ist. Er versucht die SPD zur großen Koalition zu überreden - bisher vergeblich.

Für de Jager bringt das Wahlergebnis übrigens eine wenig angenehme Kuriosität mit sich. Weil die CDU so viele direktgewählte Kandidaten in den Landtag entsendet, ergatterte de Jager, der nur über die CDU-Landesliste aufgestellt war, kein Landtagsmandat. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 8.5.2012)