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Rasch und effizient fanden die Schweiz und Österreich einen Steuerkompromiss. Der freilich auf internationaler Ebene eher skeptisch beurteilt wird.

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Algirdas Semeta: "Ich verstehe nicht, wie die Steuereinhebung funktionieren soll."

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Pascal Saint-Amans: "EU-Abkommen ist schärfstes Mittel gegen Hinterziehung von Steuern."

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Wien - Bilateral ist das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Österreich weit gediehen, international wird es mit Argusaugen verfolgt. Die EU-Kommission und die Industriestaatenorganisation OECD, die bei derartigen Fragen ein zentraler politischer Treiber ist, können sich mit dem Deal nicht so recht anfreunden.

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta äußert grundsätzliche Bedenken: Ihm wäre lieber, wenn die Union als solche Abkommen mit der Schweiz und anderen Drittstaaten schließen würde. Nur so verfügten die Mitgliedsstaaten über die "schärfsten Mittel, um Steuerhinterziehung zu bekämpfen", sagt er zum Standard. Darum pocht Semeta trotz der Vereinbarungen zwischen Bern und Wien, Berlin und London auf ein " stärkeres Abkommen der EU mit der Schweiz".

Keine Handhabe in Brüssel

Allerdings räumt der Kommissar ein, dass Brüssel keine Handhabe gegen das bilaterale Vorpreschen der drei Mitglieder habe, solange die Deals EU-konform sind. Ob das der Fall ist, lässt Semeta gerade prüfen.

Bereits in die komplexen Details eingestiegen ist Pascal Saint-Amans, Direktor für Steuerpolitik in der OECD. Ihn stört, dass sich die vereinbarte Abgeltungssteuer für in der Schweiz gebunkertes Geld am Steuersatz im Land des Wohnsitzes orientiert. Andere Abgabenarten wie Erbschaftssteuer (bis August 2008), Immobilien- oder andere Steuern würden nicht erfasst. "Daher kann das Abkommen nicht als äquivalent mit einem vollen Informationsaustausch erachtet werden", sagt Saint-Amans zum Standard. Der Experte räumt freilich ein, dass der automatische Austausch nicht OECD-Standard ist.

Automatischer Austausch

Allerdings gebe es Tendenzen auf internationaler Ebene in diese Richtung. Neben der EU (mit Ausnahme Luxemburgs und Österreichs) spreche sich die Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G-20) dafür aus, zudem drängen die USA in bilateralen Verträgen darauf. Der OECD-Mann sieht in den bilateralen Abkommen einen Versuch, den Trend zum automatischen Steueraustausch, bei dem die Finanzämter Kapitalerträge von Ausländern an die Wohnsitz-Behörde des Anlegers melden, zu verhindern.

Ebenfalls Probleme hat Saint-Amans mit Umsetzung und Kontrolle der Vereinbarungen. Wenn keine Selbstanzeige erstattet wird, berechnen Banken den pauschalen Abschlag auf das Vermögen in der Schweiz, heben ihn ein und führen ihn ab. "Es gibt eine Privatperson, die für die Einhebung der Steuern zuständig ist. Ich verstehe nicht, wie das funktionieren und kontrolliert werden soll, selbst wenn die Banken im guten Glauben handeln sollten."

Kritiker hatten moniert, dass Österreich im Unterschied zu Deutschland keinen echten Kontrollmechanismus vereinbart hat. Berlin kann wahllos 1300 Namen an Bern übermitteln, deren Steuerverhältnisse dann geprüft werden.

In Österreich kristallisiert sich zunehmen heraus, dass das Abkommen die Steuerflüchtlinge nicht allzu hart treffen wird. Bei der Bandbreite der Steuersätze zur Bereinigung der Sünden in der Vergangenheit (Abschlag 15 bis 38 Prozent) wird man in der Praxis meist am unteren Bereich liegen.

Am unteren Ende

Zwei Beispiele: Wer vor zehn Jahren eine Million über den Rhein verschoben hat und seither auf zwei Mio. Euro verdoppelte, muss ein Fünftel davon abtreten. Lag der Wertzuwachs in dieser Periode bei "nur" einem Drittel, sinkt der Abschlagsatz auf 15 Prozent. Erst über zwei Millionen Vermögen kann der Steuertarif theoretisch 30 Prozent übersteigen. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 7.5.2012)