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Auf dem Londoner Flughafen Heathrow beginnt nach langen Flügen das lange Warten.

Foto: EPA/Andy Rain

Dass über ihrer Acht-Millionen-Stadt Verkehrsflugzeuge kreisen, daran haben sich die Londoner längst gewöhnt. Dieser Tage kommen "ungewöhnliche Flugbewegungen" hinzu, wie das Militär verlauten lässt: Typhoon-Fighterjets und Hubschrauber, die sich an neues Territorium gewöhnen sollen. Es geht um die Sicherheit der Olympischen Sommerspiele, dafür muss geübt werden, erläutert Vize-Luftmarschall Stuart Atha: Dies seien "angemessene Vorsichtsmaßnahmen" gegen möglichen Terror aus der Luft.

Auf dem Boden hingegen, dem wichtigsten Londoner Airport Heathrow: keine Bewegung. So jedenfalls schien es Tausenden von Passagieren, die im April am größten Flughafen Europas (69 Millionen Passagiere pro Jahr) ankamen. Via Twitter verbreiteten sich rasch die Berichte frustrierter Reisender; Tausende von Ankömmlingen aus Nicht-EU-Ländern mussten nach langen Flügen weitere zwei, drei Stunden warten. So etwas "ruiniert Großbritanniens Ruf im Ausland", schimpfte Londons Bürgermeister Boris Johnson.

Die wahrhaft olympischen Warteschlangen gehen auf eine Entscheidung der Innenministerin Theresa May zurück. Als konservative Boulevard-Zeitungen vergangenen Sommer entdeckten, dass Passagiere in Heathrow durchgewinkt wurden, zwang May den Leiter der Grenzkontrollbehörde zum Rücktritt. Seither wird penibelst geprüft.

Weil die Grenzer wegen der Sparpolitik der Regierung gleichzeitig noch Hunderte von Mitarbeitern entlassen, ist das Chaos programmiert. An 13 von 15 Tagen verfehlten die Passkontrolleure in der ersten Aprilhälfte das Ziel, alle Passagiere binnen 45 Minuten abzufertigen, auch EU-Bürger mussten oft länger als die höchstens zulässigen 25 Minuten warten. Am Dienstag nahm Cameron am Rande der Kabinettssitzung die Innenministerin zur Seite. Green eilte wenig später nach Heathrow und teilte mit: "Das Problem ist, dass Leute zu lange warten müssen."

Pensionisten als Freiwillige

Dieser Analyse folgt nun, so hoffen es die Londoner, bald eine Lösung - nicht zuletzt im Blick auf die Olympischen Spiele, die in knapp drei Monaten eröffnet werden. Der frühere Labour-Regierungssprecher Alastair Campbell witzelt bereits, die Athleten und Schiedsrichter sollten sich " am besten schon auf den Weg machen" - im Juli könne die Einreise nicht garantiert werden. Staatssekretär Green hingegen hat für den Juli 550 Freiwillige zusammengetrommelt, die die Grenzbeamten entlasten sollen. Darunter ist eine Reihe erfahrener Mitarbeiter, die gerade aus Spargründen frühpensioniert wurden.

Auch das britische Militär soll eigentlich sparen, nutzt die Olympiade aber zur Demonstration seiner schönsten Hardware. Auf der Themse geht in wenigen Wochen der Hubschrauberträger HMS Ocean vor Anker, in öffentlichen Parks im Südosten der Hauptstadt werden mobile Radar- und Raketeneinheiten stationiert. Anwohner des Olympiaparks bekommen womöglich aus der Nähe die neuen Rapier-Flugkörper zu sehen: Und die Militärs wollen auf dem Dach von Wohnhäusern ihre Boden-Luft-Raketen stationieren. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 4.5.2012)