IPI-Chefin McKenzie: Worte gegen Untaten genügen nicht.

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Wie man einen Journalisten umbringt: köpfen, erschießen, an Händen und Füßen gefesselt aus dem siebenten Stock werfen, zu Tode foltern, in die Luft jagen, ihm unter widrigsten Umständen im Gefängnis die medizinische Versorgung verweigern, zu Tode prügeln, per Satellitensignal orten und anschließend mit Mörsern bombardieren ... die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Und vieles deutet darauf hin, dass das heurige Jahr für Journalisten das tödlichste seit Beginn der Aufzeichnungen des Internationalen Presseinstituts (IPI) vor 15 Jahren werden könnte:

Im ersten Quartal 2012 wurden bereits 29 Journalisten aufgrund ihrer Arbeit getötet (die meisten Opfer gab es 2009 mit 110 Toten zu beklagen).

Vor allem in der arabischen Welt starben in den vergangenen eineinhalb Jahren viele mutige Journalisten, die die Grausamkeiten fallender oder bereits gestürzter Diktatoren dokumentiert hatten. Mit den Gewalttaten einzelner Schlägertrupps hat dies nur am Rande zu tun. Es liegt vielmehr daran, dass internationale Organisationen, von der Uno über die EU-Kommission und den Europarat bis hin zur Organisation Amerikanischer Staaten und der Arabischen Liga, es wiederholt verabsäumten, sicherzustellen, dass die Verletzung der Pressefreiheit auch Konsequenzen nach sich zieht. Und es hat mit dem krassen Widerspruch zwischen dem zu tun, was Diplomaten bei internationalen Treffen verlautbaren lassen, und den wahren Begebenheiten vor Ort.

Selbst in Ländern, in denen Pressefreiheit herrscht, werden Journalisten ermordet, oft in Zusammenhang mit ihren Recherchen zu organisiertem Verbrechen und Korruption. Dies geschieht meist durch Auftragskiller oder korrupte Polizisten (am schlimmsten ist hier die Situation in Mexiko).

Nur in den seltensten Fällen werden die Verantwortlichen für solche Untaten vor Gericht gestellt. Manchmal wird ein Todesschütze gefasst und fallweise sogar verurteilt, die Drahtzieher kommen aber in der Regel ungestraft davon. Das transportiert indirekt auch eine weitere Nachricht: Töte einen Journalisten, und dir wird nichts geschehen, bringe eine Stimme zum Schweigen, und du wirst nicht bestraft. Noch fataler ist es, wenn ein Mörder selbst aus den Reihen der staatlichen Sicherheitskräfte stammt.

Dies sind die Gründe, warum das IPI gemeinsam mit dem IPI Austria National Committee und dem österreichischen Außenministerium versucht, die Regelungen des UN-Menschenrechtsrates zum Schutz von Journalisten zu stärken. Österreich wird in diesem Sinne bis zum Jahresende eine Resolution zur Sicherheit von Journalisten im UN-Menschenrechtsrat einbringen.

Wir schlagen aber vor, noch einen Schritt weiterzugehen: Anstatt die Mitgliedstaaten nur zur Pressefreiheit zu "ermutigen" und sie dafür zu " sensibilisieren", wie das in den Aktionsplänen einiger internationaler Institutionen vorgesehen ist, soll ein Team unabhängiger internationaler Ermittler eingesetzt werden, das in Kooperation mit Regierungsbehörden Angriffe auf Journalisten untersucht und die Ergebnisse anschließend berichtet. Die Schritte, die Regierungen setzen, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, sollen genauer beobachtet werden. Darüber hinaus sollen Informationen über etwaige Fortschritte gesammelt, aber auch das Fehlen solcher Fortschritte dokumentiert werden. Nur so wird es möglich, jene Staaten, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, vor der Uno und anderen angesehenen internationalen Institutionen zur Verantwortung zu ziehen.

Es ist hoch an der Zeit, aufzuzeigen, dass die Unterzeichnung eines Abkommens oder die öffentliche Verurteilung eines Journalistenmordes alleine nicht ausreicht, solange es Staaten weiterhin verabsäumen, daraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen. (Alison Bethel McKenzie, DER STANDARD, 3.5.2012)