Wien - Gute 8000 Kilometer trennen Wien und Nanjing, eine der größten Städte im Osten von China und ehemaliger Sitz des chinesischen Kaisers. "Die Entfernung macht mir nichts aus", sagt David Stockinger und beginnt von seinem Arbeitsplatz zu erzählen, den er ab Herbst dort haben wird.

Denn statt seinen Zivildienst in Österreich abzuleisten, wird er Friedensdienst im fernen Ausland machen, im "John-Rabe-Haus" in Nanjing. Das bedeutet für ihn vor allem eines: viel Arbeit. Von der Übersetzung der verschiedensten Dokumente über Führungen durch das Museum bis hin zum Auf-die-Beine-Stellen eigener Projekten reicht die Palette seiner Tätigkeiten als Friedensdiener.

Fließendes Chinesisch

Gute Sprachkenntnisse werden dabei vorausgesetzt. Stockinger spricht fließend Chinesisch.

Das Museum ist dem Deutschen John Rabe gewidmet, der während des Zweiten Japanisch-Chinesischen Kriegs eine Sicherheitzone in der Stadt aufbaute und so hunderten Menschen das Leben rettete. Seine Taten sind jedoch nicht unumstritten - nicht zuletzt wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft.

Trotzdem bot er 1937 vielen Flüchtlingen in seinem Haus Schutz an und wurde so zu einer der zentralen Figuren im Krieg.

Ermöglicht wird Stockingers Einsatz in China vom Österreichischen Auslandsdienst, der jungen, engagierten Österreichern hilft, ihren Zivildienst im Ausland zu organisieren.

Auf allen Kontinenten

Neben dem bereits erwähnten Friedensdienst gibt es auch die Möglichkeit, im Ausland als Sozial- oder Gedenkdiener zu arbeiten. Insgesamt gibt es über 80 Stellen, die über alle Kontinente verstreut sind.

Im Mittelpunkt der Tätigkeit in Nanjing steht die Konfliktbewältigung: Noch immer herrscht zwischen japanischen und chinesischen Experten Uneinigkeit über die Zahl der Opfer von Nanjing.

Besonders auf die Aufarbeitung der geschichtlichen Fakten wird in China Wert gelegt. Die Gräben zwischen Japan und dem Reich der Mitte sind noch immer tief. (David Tiefenthale, DER STANDARD, 2.5.2012)