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"Volks-Rock-'n'-Roller" Andreas Gabalier erhielt heuer zwei Amadeus Austrian Music Awards in den Kategorien "Schlager" und "Best Live Act".

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - Zu den Erfolgsgeheimnissen der jährlichen Amadeus Austrian Music Awards zählen vor allem zwei: Die Branche geht erstens gern hin, um sich danach beleidigt bis selbstmitleidig über den Zustand der heimischen Musikszene zu beklagen. Sudern, Jammern und Nörgeln sind schließlich österreichische Kernkompetenzen. Wir werden dafür oft in ganz Europa und sogar im Ausland beneidet. Zweitens nimmt die vom Verband der Österreichischen Musikwirtschaft (IFPI) ausgerichtete Preisverleihungssimulation ohnehin niemand ernst. Man kann sich also ganz entspannt beim Sudern, Jammern, Nörgeln amüsieren.

Die Amadeus Awards gehen in den diversen Kategorien vom "Album des Jahres" über den "Best Live Act" bis zur volkstümlichen Musik grundsätzlich davon aus, dass der reichste Bauer die größten Erdäpfel ernten soll. Sprich: Wer wissen will, wer in diesem Land tatsächlich noch mit der Verbreitung seiner Musik Geld verdient, schaut sich einfach die jährlichen Preisträger an - natürlich mit Ausnahme des FM4-Publikumsvoting-Terrors auf sämtlichen Social-Media-Kanälen.

Um der Angelegenheit unnötige Spannung zu rauben: 2012 gehen am Veranstaltungsort Wiener Volkstheater die Hauptpreise, also "Album des Jahres" und "Song des Jahres", an die Vertreter bodenständiger Musik.

Trotz und gerade wegen aller kritischen politischen Vorbehalte gegen diesen Politfilz, den Korruptionssumpf und die vielen stinkigen braunen Fladen in unserem schönen Heimatland: Hubert von Goisern rockt die Nation mit seinem kapitalismuskritischen Album "ENTWEDERundODER".

Alles hängt mit allem zusammen: Der Holstuonarmusigbigbandclub erzählt mit seinem sich heiter mit dem hiesigen Alkoholkonsum beschäftigenden Bregenzerwald-Hatscher "Vo Mello bis ge Schoppernou" davon, dass man auch einmal ein Auge zudrücken soll und nicht dauernd über all das Negative sehen muss.

Apropos, neben Hubert von Goisern oder den Trackshittaz trat auch Wolfgang Ambros auf. Wie es sich für eine Musikveranstaltung 2012 gehört, absolvierten sie Playback-Auftritte. Das Volkstheater eignet sich nicht für Livemusik. Nur die FM4-Königskinder M 185 ließen es sehr mutig in gaganz echt krachen.

Auch in den Kategorien "Hip-Hop / R 'n' B" und "Hard & Heavy" ging es im Rahmen eines wertkonservativen Rucks hin zum Regionalradio als letzter Nationalmusikbastion eher zünftig zu. Es siegten die zum Knuddeln gefährlichen Rapper Die Vamummtn aus Wien-Donaustadt, dem härtesten Bezirk Österreichs, und Krautschädl aus der Welser Heide.

Alle, die glaubten, an diesem Abend habe extreme, die braven Leute da draußen im Land tatsächlich heimsuchende Musik keinen Platz, wurden schließlich mit einem zwischen Polka und Hardcoretechno lässig ausgependelten Set der Jungen Zillertaler eines Besseren belehrt.

Als Sieger des Abends ging am Ende Andreas Gabalier zweifach geehrt nach Hause. Er verbindet die Ehrlichkeit eines Hansi Hinterseer mit der Wahrhaftigkeit eines Howard Carpendale: Volks-Rock-'n'-Roll. Volk, begnadet für das Schöne. TV-Sender Puls 4 übertrug zeitversetzt am späten Abend. Dem Küniglberg ist heimische Popmusik voll egal. Wie Hansi Lang vor ihm bekam Ludwig Hirsch heuer den Amadeus für sein Lebenswerk nach seinem Tod. Aber man soll nicht nörgeln. (Christian Schachinger, DER STANDARD, 3.5.2012)