Bild nicht mehr verfügbar.

Rupert Murdoch.

Foto: Reuters/Lamarque

Katastrophaler Rufschaden für Rupert Murdoch: Der Medienausschuss des britischen Unterhauses hält den 81-jährigen Verleger "nicht für geeignet", ein internationales Unternehmen zu leiten. In dem lang erwarteten, 125-seitigen Bericht zur Abhöraffäre beim Murdoch-Boulevardblatt "News of the World" ("NoW") sprechen die Abgeordneten von einer "Kultur des absichtlichen Wegschauens" beim britischen Tochterunternehmen News International (NI). Hohe NI-Manager hätten das Parlament bei einer früheren Untersuchung belogen. "Hier hat eine unkontrollierte Macht wichtige Institutionen Großbritanniens korrumpiert", sagte der Labour-Abgeordnete Tom Watson, einer der Hauptankläger Murdochs im Parlament.

Der Executive Chairman seiner globalen Holding News Corp hatte "NoW" im vergangenen Sommer nach eigener Einschätzung "panikartig" geschlossen, nachdem erhebliche kriminelle Machenschaften ans Licht gekommen waren. Scotland Yard ermittelt gegen drei Dutzend Mitarbeiter von "NoW" sowie der Tageszeitung "The Sun" wegen Justizbehinderung, Bezahlung korrupter Polizisten sowie Verletzung des Fernmeldegesetzes. In seiner Aussage vor einer unabhängigen Untersuchungskommission hatte Murdoch vergangene Woche frühere NI-Spitzenmanager beschuldigt, das Ausmaß der Straftaten vor ihm verborgen zu haben. "Das wird mein Ansehen beschädigen bis an mein Lebensende", sagte der 81-Jährige.

Dies sehen die britischen Parlamentarier genauso. Dem Konzernchef sowie dessen Sohn James (39), der bis vergangenen Sommer als NI-Chairman amtierte, wirft der Ausschuss "kaum glaubwürdige" Aussagen vor. Das Duo hatte sich einer Einladung im vergangenen Juli zunächst verweigert; erst einer offiziellen Vorladung des Parlaments mit unklarer Strafandrohung leisteten die beiden Folge. Bei seiner Aussage am "Tag tiefster Demut" (O-Ton Rupert Murdoch) habe der Unternehmer "hervorragendes Erinnerungsvermögen gezeigt, wann immer es ihm in den Kram passte", kritisiert der Ausschussbericht.

Während weite Teile des Berichts von allen Ausschussmitgliedern getragen werden, verweigerten sich vor der Londoner Bürgermeisterwahl sämtliche Tory-Abgeordneten der Kritik an Murdoch senior. In Wortwahl und Urteil schieße die Mehrheit aus Labour-Parlamentariern und einem Liberaldemokraten übers Ziel hinaus, sagte die Konservative Louise Mensch.

Entschuldigung möglich

Sollte das Unterhaus der Empfehlung des Ausschusses folgen, könnte der Parlamentspräsident die früheren NI-Manager Les Hinton und Tom Crone sowie der letzte "NoW"-Chefredakteur Colin Myler wegen "Verachtung des Parlaments" nach Westminster zitieren und zu einer öffentlichen Entschuldigung zwingen.

Für Murdoch selbst könnte sich die Einschätzung der Ausschussmehrheit als geschäftsschädigend erweisen. Ein negatives Urteil könnte ihn zum Verkauf des lukrativen Bezahlsenders Sky (jüngster Jahresgewinn: eine Milliarde Pfund) zwingen, der NewsCorp zu 39 Prozent gehört. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 2.5.2012)