"Es reicht und es ist noch nicht genug" tönte es am 1. Mai vor dem Parlament in Wien aus den Lautsprechern. Die Frauen der Plattform 20.000frauen vereinnahmten parallel zum SPÖ-Aufmarsch die Bühne vor dem Parlament, um ihre Forderungen kund zu machen. "Gerechte Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Abschaffung des Arbeitsverbots für MigrantInnen. Umstrukturieren der Arbeitswelt und eine Neu-Definition aller Formen von Arbeit. Verpflichtende Väterkarenz:" Um nur einige der Forderungen der Plattform-Frauen zu nennen. Zudem fordern sie die Solidarität der Männer ein, "die so emanzipiert nicht sind, wie manche gerne vollmundig behaupten."

Foto: dieStandard.at/eks

Am 12. Mai werden sie mit Themen-Zelten die Wiener Ringstraße besetzen. Die "Seilschaften der Herrschaften" sind ihnen seit einiger Zeit ein Dorn im Auge. Zum Ausdruck bringen sie dies mit ihrer Anti-Korruptions-Aktion.

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"Ich bin nur ein armer Bauer und besitze nur ein Schloss", wird da etwa Alfons Mensdorff-Pouilly zitiert. Der 1. Mai als Kampftag internationaler ArbeiterInnen-Bewegungen wird mit dieser Inszenierung inhaltlich neu aufgeladen.  

Ursprünglich wurde bereits in den 1830 Jahren in der damals entstehenden ArbeiterInnenbewegung darüber diskutiert, an einem Tag kollektiv die Arbeit niederzulegen, um so Forderungen gemeinsam durchzusetzen. Der Acht-Stunden-Tag stand auf der Forderungsliste ganz oben. Zu einem Massenstreik der ArbeiterInnen kam es am 1. Mai 1886 in den USA und Kanada. In den USA war der 1. Mai der sogenannte "Moving-Day": Ein Tag, an dem ein Wechsel im Beruf oder Wohnort stattfand und an dem auch Arbeitsverträge neu ausverhandelt wurden.

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Im Zuge der Demonstrationen 1886 wurden in Chicago zwei Arbeiter von Polizisten erschossen (Masaker am Haymarket). Daraufhin wurde der 1. Mai in Gedenken an die Opfer vom amerikanischen Gewerkschaftsdachverband als Kampftag fixiert. Am 1. Mai 1890 gingen erstmals weltweit Massen auf die Straße. In Österreich kam es an diesem Tag zur größten Demonstration, die es bisher hierzulande gab. Nachdem die Mai-Aufmärsche von den Austro-FaschistInnen verboten wurden, kam es am 1. Mai 1945 zu einer Manifestation für den "demokratischen Sozialismus" – in klarer Abgrenzung zum "realen Sozialismus".

In verschiedensten Kontexten, aber inhaltlich nicht weit voneinander entfernt, wird versucht, den 1. Mai mit Inhalten und zeitgemäßen Thematiken anzureichern. Eine davon ist der sogenannte MayDay.

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Was am 1. Mai 2001 in Mailand in einem kleinen Kreis begann, hat sich seit 2005 in verschiedenen europäischen Städten etabliert. Seit 2006 wird der MayDay auch in Japan und Kanada ausgerufen. Auch in Wien versammelten sich in diesem Jahr die Prekären, um auf ihre misslichen Arbeits- und Lebenssituationen hinzuweisen.

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Der MayDay steht für eine transnationale Kampagne, die auf die gegenwärtige Prekarisierung von Arbeit und Leben hinweist. Bunt, laut, kreativ ist die Bewegung. Musik, Tanz, Performances und Interventionen zum Thema prekäres Leben und Arbeiten stehen weltweit am Programm.

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Prekarität gilt als die neue Form der Arbeit unter den Bedingungen des neoliberalen Kapitalismus. Die Kampfansage gilt hier nicht dem Prekariat per se, sondern dem Fehlen entsprechender sozialer Absicherungen und organisierter und institutionalisierter Vertretungen.

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Es müssen neue Formen der Organisierung gefunden werden, da das Prekariat nichts Nebensächliches sei, sondern stellvertretend für die heute sich verallgemeinernde Form der Arbeit stehe, so die Überzeugung der Prekären. Der 1. Mai als Tag der ArbeiterInnen ist damit auch zum Tag der Prekären, zum MayDay geworden. (eks, dieStandard.at, 1.5.2012)

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