Mit dem Schirm lässt sich traumhaft Angst und Schrecken verbreiten.

Foto: Der Standard

Pro: Parapluie des Schreckens
Von Sigi Lützow

Wegen des herrlichen Frühlingsregens braucht niemand einen Schirm, aber der Parapluie, zumal mit bester Ausstattung, ist dennoch ein nützlicher Begleiter. Mit ihm lässt sich zum Beispiel traumhaft Angst und Schrecken verbreiten. Sich an eine Kuh heranpirschen, ihr den Schirm vors Maul halten und diesen dann mittels Automatik plötzlich aufspannen, zeitigt die schönsten Ergebnisse. Beim Melken eines derart aktivierten Tiers erhält der Bauer nur noch Sauermilch.

Geht natürlich auch bei anderen Friedtieren, aber auch mit Menschen, vornehmlich solchen, die danach eher nicht handgemein werden (Kinder, Greise usw.), kann man sich so gut die Zeit vertreiben. Für feigere Gemüter, denen auch fad sein kann, empfiehlt sich ein Schirm, wie ihn zum Beispiel das Merchandising des STANDARD anbietet. Der ist nicht nur formschön, sondern auch mit klugen Worten von Daniel Glattauer geschmückt. Man spart sich den Buchkauf und den Spott männlicher Freunde. Und Kühe, die mit Glattauer erschreckt werden, geben bekanntlich süßes Obers.

Kontra: Sittenverfall
Von Ljubiša Tošić

Dass dieses Thema überhaupt zum Diskussionsobjekt erhoben wird, zeigt, wie weit der Sittenverfall bereits fortgeschritten ist. Seinerzeit, als der Degen aus der Mode kam, konnte das mobile Dach noch als Abschreckung gegenüber einer gehässigen Umwelt durchgehen. Später, als die Zeiten milder wurden, wäre es einem Ehrenmann indes nie in den Sinn gekommen, in Schirmform Trockenheit zu suchen. Hatte es geregnet, so nahm der Gentleman davon Abstand, sein Domizil zu verlassen, und ließ gütig Arbeit zu sich kommen.

Dürstete es ihn allerdings nach kommunikativer Zerstreuung mit der Welt, bestellte er für seinen Ausflug drei Kutschen - eine für seine Kopfbedeckung, eine für den Regenschirm und eine für sich selbst. Da solch Ausführen von Accessoires, die natürlich rein ästhetischen Zwecken dienten, heutzutage zur Einlieferung in Räume mit weichen Wänden führen würde, zieht es der Gentleman von heute vor, sich den Stimmungsschwankungen der Natur auszuliefern. Seine Grundsätze wird er wegen ein paar Tropfen aber nicht biegen. (Rondo, DER STANDARD, 27.4.2012)