Ein überzeugter Vorkämpfer der Freiheit, ein Zeitungsfreund, desinteressiert am kommerziellen Erfolg: So stellte sich Rupert Murdoch bei seinem Auftritt vor der richterlichen Untersuchungskommission in London dar. Lordrichter Brian Leveson und dessen Kronanwalt verschlug es angesichts so viel Chuzpe mehrmals die Sprache, die Befragung des Medienfürsten blieb merkwürdig zahm.

Dabei gibt es zu viele Belege aus sechs Jahrzehnten, die den freundlichen Märchenonkel Lügen strafen. Der 81-jährige Chef von News Corporation (jüngster Jahresumsatz: 34 Milliarden Dollar) hat demokratische Politiker weltweit bedroht, umschmeichelt und fallengelassen, wie es ihm passte. Die Freiheit, von der er schwärmt, galt nichts, wenn sich neue Verdienstmöglichkeiten auftaten.

Der Abhör- und Korruptionsskandal rund um die eingestellte Sonntagszeitung News of the World hat die hässliche Seite des Murdoch-Imperiums enthüllt. Die Leveson-Kommission brachte ans Tageslicht, wie liebedienerisch der konservative Kulturminister Murdochs Gesamtübernahme des hochlukrativen Bezahlsenders Sky durchwinken wollte. Der fällige Minister-Rücktritt wäre nur der erste Schritt: Die Briten brauchen Gesetze, die die Dominanz weniger Meinungsmacher verhindern. Murdoch ganz von der Insel zu vertreiben wäre falsch. Sind sein Einfluss und seine Profite auf ein vernünftiges Maß geschrumpft, wird sich zeigen, wie viel sein Engagement für Medienvielfalt wert ist. (Sebastian Borger, DER STANDARD, 26.4.2012)