In Deutschland propagierte unlängst eine SPD-Politikerin den politikfreien Sonntag. Als Fernsehzuschauer kann man das nur unterstützen. Wenigstens am geheiligten Ruhetag will man mit den Niederungen der Tagespolitik in Frieden gelassen werden. Der ORF schleuste am Sonntag dann doch ganz geschickt ein wenig politische Bildung in das Hirn des vom Wochenende noch ganz ermatteten Zuschauers:
Maximilian Schell führte durch das "Weltreich der Kalifen". Zwar ist die Folge der ZDF-Reihe Imperium aus dem Jahr 2010 und das fragliche Weltreich schon lange passé, aber die Sache mit dem Islam ja immerhin noch aktuell. Und so zeigen die Filmeinspielungen in stimmungsvollem Sepia nicht nur, wie sich Muslime, Kreuzritter und Mongolen wechselseitig dahinmeucheln und schleierbewehrte Scheherezades glutäugig lächeln. Schell erfüllt auch, während er sich mit altersmilder Weisheit durch das Imperium-Set schiebt und wissend mit einer Ausgabe des Koran wedelt, treuherzig lächelnd seinen Bildungsauftrag.
"Was ist eigentlich ein Staat?", fragt er die Zuschauer. Und er weiß: "Die Araber haben viel erfunden." Das blutrünstige Agieren der Kalifen kostet ihn nur ein kleines Kopfschütteln: Immer dasselbe mit diesen machtgeilen Politikern. Schell kann das offensichtlich nur bedingt ernst nehmen. So läuft das eben auf der Welt. Auch bei zeitgenössischen Tyrannen bleibt der Oscar-Preisträger schön lapidar ("Dieser Mann - Sie kennen ihn - Saddam Hussein.") - und glaubt gelassen an das Gute: "Selbsternannte Kalifen passen nicht mehr in unsere Welt." Weltgeschichte mit Maximilian Schell - eine echte Alternative zum politikfreien Sonntag. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 23.4.2012)