Ein denkwürdiger Tag im sogenannten Arabischen Frühling: Für Syrien beschließt der Uno-Sicherheitsrat eine Beobachtermission für einen Waffenstillstand, der nicht funktioniert und den von den Akteuren keiner will. In Bahrain bietet der König - quasi in Sichtweite der Grand-Prix-Rennstrecke - der Opposition einen Dialog an, der, würde er ernsthaft geführt, einen Systemwechsel bringen müsste, was der Grund ist, weshalb er nicht funktionieren kann und wird.

Und insofern, in der Aussichtslosigkeit, sind sich Syrien und Bahrain ähnlich. Sonst sind die Vorzeichen gerade umgekehrt, auch wenn in beiden Ländern religiöse Minderheiten an der Macht sind: In Bahrain regiert ein sunnitisches Königshaus eine schiitische Mehrheit. In Syrien ist es komplizierter: Das Regime gehört einer gnostischen islamischen Sekte aus dem schiitischen Dunstkreis an, wobei man jedoch nicht behaupten könnte, die Assads hätten jemals das Alawitentum konfessionell bevorzugt. Im Gegenteil, es musste immer diskret im Hintergrund bleiben, die Assads stilisierten sich sunnitisch.

Aber in die Schlüsselpositionen, besonders im Sicherheitsestablishment, platzierten sie eben gerne die "eigenen" Leute. In Syrien wollen folglich jene an die Macht, die in Bahrain regieren: Sunniten. Und in Syrien ist das Regime mit jener großen schiitischen Regionalmacht verbündet, von der behauptet wird, dass sie hinter den Aufständen in Bahrain steckt: Iran. Deshalb werden die Unruhen von den sunnitischen Golfarabern als schiitisch gesehen, auch wenn die Opposition noch so beteuert, es gehe nur um Demokratie.

So geht es aber auch der Opposition in Syrien, auch sie steht im Schatten der islamistischen sunnitischen Kräfte und deren Auseinandersetzung mit den Assads. Unruhen in Bahrain sind nichts Neues, und der König hatte nach 2000 einen vorsichtigen - die eigene Macht nicht beeinträchtigenden - Weg der politischen Reform beschritten. Beim Nachbar Saudi-Arabien wird so manches Königshausmitglied 2011, als die Proteste begannen, gedacht haben: "Das habt ihr davon: Wenn man ihnen den kleinen Finger gibt ..."

Als sich der bahrainische Kronprinz Mitte März 2011 bei einer Fernsehansprache allzu reformfreundlich gab, waren am nächsten Tag auch schon die saudi-arabischen Truppen da: Dass ein Golfstaat in Richtung konstitutionelle Monarchie gehen könnte, daran will man in Riad nicht einmal denken. Für das Kürzel GCC (Gulf Cooperation Council: die sechs arabischen Golfstaaten) wurde inzwischen die schöne Deutung "Gulf Counterrevolution Club" geprägt.

Wobei: In Syrien ist dieselbe Gruppe konservativer Monarchien auf der Seite der Revolution positioniert, denn dort geht es ja gegen einen Iran-Verbündeten. Spannend wird es werden, wenn einmal die Islamisten in allen "Frühling"-Ländern regieren - und womöglich doch etwas wie partizipatorische demokratische Systeme zustande bringen. Was werden die absoluten Monarchen am Golf ihren Leuten dann sagen? (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 23. 4. 2012)