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Die Profite der Ölkonzerne sind kaum fassbar. Die Branche selbst findet dennoch Grund zum Jammern und verweist auf immer höhere Förderkosten zum Beispiel durch Tiefseebohrungen.

Foto: Reuters/BOYLAN

New York / Wien - Es ist ein reiner Zufall, aber er spricht dennoch Bände: Die zehn größten Ölkonzerne der Welt verdienten im Vorjahr so viel wie alle österreichischen Arbeitnehmer zusammen, nämlich knapp 145 Milliarden Euro. Mit einem Unterschied: Die Beschäftigen des Landes sahen davon nur einen Teil, weil sich die Zahl auf die Bruttolöhne bezieht, während die Profite der Multis nach Steuern berechnet wurden.

Vor allem der steigende Ölpreis lässt die Einnahmen von ExxonMobil (Esso), Shell & Co sprudeln. Die Profite der Top-Ten-Konzerne stiegen im Vergleich zu 2010 um 50 Prozent, geht aus einer Übersicht des Finanzdatenanbieters Factset hervor. Doch betroffen sind nicht nur die Margen in der Ölförderung: Auch die Lagerhaltung im Raffinerie- und Tankstellengeschäft profitiert von den deutlich höheren Notierungen des Energieträgers, erläutert Thomas Unger, Analyst bei der Erste Group.

Nur Apple hält mit

Während die Tankstellenpächter jammern und die Autofahrer erröten, lachen sich die Marktführer ins Fäustchen. Der Börsenwert der größten Zehn der Branche macht 1400 Milliarden Euro oder das 20-fache der Marktkapitalisierung aller am Wiener Aktienmarkt notierten Gesellschaften aus.

Die Daten von Factset decken sich großteils mit einer am Donnerstag vom US-Magazin Forbes veröffentlichten Liste über die weltweit ertragreichsten Konzerne. Unter den sechs Unternehmen mit dem höchsten Profit findet sich mit Apple lediglich eine Firma, die nicht im Öl-Business tätig ist. Während es in der Branche läuft wie geschmiert, wollen die Marktführer noch etwas mehr Dollar aus dem Petro-Geschäft pressen. Sie argumentieren mit steigenden Kosten für die Ölaufsuchung, die immer schwieriger werde.

Tatsächlich steigt der Kapitaleinsatz der Multis enorm. Exxon hat beispielsweise im Vorjahr 36,8 Milliarden Dollar in Anlagen für Förderung und Verarbeitung gesteckt, bei Shell waren es immerhin 31,5 Milliarden. Selbst die Rekordgewinne können da nicht mithalten, weshalb das von Investoren gerne herangezogene Kriterium Rendite auf das eingesetzte Kapital (Return on Capital employed; ROCE) bei vielen Öl-Multis rückläufig ist.

Diese Sorgen möchte man haben. Das denken sich auch viele US-Arbeitnehmer, die höhere effektive Steuerraten verzeichnen als die großen Öl-Konzerne. Exxon kam im Vorjahr auf eine (bundesweite) Gewinnbelastung von 13, Chevron von 19 Prozent, hat die Vereinigung " Citizens for Tax Justice" errechnet. Damit liegen die Raten weit unter dem Höchstsatz der Körperschaftsteuer von 35 Prozent. Der Grund: Multinationale Konzerne haben viele Möglichkeiten, ihre Gewinne in Staaten mit niedrigen Steuersätzen zu steuern. Exxon verfügt beispielsweise über 20 Gesellschaften in Steueroasen.

Dicke Steuerzuckerl

Zudem existieren in den USA umfangreiche Steuerausnahmen, die überwiegend den Ölkonzernen zugutekommen und immer wieder im Zentrum der Kritik stehen. Erst im März war eine Initiative der Demokraten zur Umleitung der Begünstigungen von Öl für die fünf größten Anbieter in erneuerbare Energieformen im Senat von den Republikanern abgeschmettert worden, Präsident Barack Obama thematisiert die Ölpreise und das Marktverhalten der Anbieter im Wahlkampf massiv.

Zurück zur Forbes-Liste, die abseits der Öl-Dominanz andere neue Entwicklungen veranschaulicht. Neben Apple schaffte es auch die chinesische Bank ICBC unter die Top-Ten, was den aufstrebenden Kapitalismus im Reich der Mitte dokumentiert. BHP Billiton wiederum profitiert von der Hausse bei Kohle, Kupfer und anderen Rohstoffen. Der Vormarsch von VW äußert sich nicht zuletzt im riesigen Gewinn. (as, DER STANDARD; 20.4.2012)