Die Wiener Semmelweis-Geburtsklinik wird zu einer internationalen Schule mit Musikschwerpunkt.

Foto: Der Standard/Hendrich

Promotor Jürgen Kremb, ehemals "Spiegel"-Korrespondent, vor einem der Jugendstil-Pavillons.

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Wien - Die Semmelweis-Geburtsklinik im 18. Wiener Gemeindebezirk, wo ein beträchtlicher Teil der Wiener zur Welt kam, wird zu einem internationalen Privat-Gymnasium ("Amadeus-International School of Music Vienna") mit Schwerpunkt Musikausbildung. Etwa 50 Prozent der Schüler sollen aus Asien kommen, die Investoren entstammen großteils aus der chinesischen Auslandscommunity, etwa aus Singapur.

Schon im Herbst dieses Jahres sollen etwa 60 Schüler zwischen 12 und 14 Jahren in einem der Pavillons der Klinik unterrichtet werden und leben. In der Endausbaustufe werden alle Gebäude der denkmalgeschützten Jugendstil- Anlage einbezogen werden und 600 Schüler dort leben und arbeiten (die medizinischen Einrichtungen der Klinik übersiedeln ins Krankenhaus Nord). Die Anlage, die in einem ausgedehnten Park steht, wird von der österreichischen Developper-Firma Lengersdorff von der Gemeinde Wien angekauft und an die Amadeus School auf 28 Jahre vermietet.

Initiator: "Wien als Zentrum der klassischen Musik"

Jürgen Kremb, der Initiator und Promotor des Großprojekts, weiß, was in der Wiener Stadtpolitik Wien wichtig ist: "Es wird kein Baum gefällt." Das Projekt bekam nicht nur von Bürgermeister Michael Häupl, sondern auch der grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou die entscheidende Unterstützung. Die Projektidee liegt eigentlich auf der Hand: Wien gilt als historisches Zentrum der klassischen Musik, die bei vielen gebildeten Asiaten großen Anklang findet - und Investoren sind heute am ehesten in Asien zu finden. Kremb war vorher "Spiegel"-Korrespondent in Singapur und Wien. Er ist mit einer Chinesin verheiratet, spricht fließend Mandarin und sieht eine ideale Synthese aus asiatischer Wirtschaftsdynamik und Wiener Kultur und Lebensqualität.

Seiner Erfahrung nach suchen viele erfolgreiche Asiaten nach einer qualitätsvollen, aber auch mit humanistischen Werten angereicherten Erziehung für ihre Kinder. Ziel ist nicht die Hervorbringung von Wunderkindern und Konzertstars, sondern eine ganzheitliche und musisch aufgewertete Ausbildung. Die Musik gäbe der Ausbildung eine zusätzliche Dimension, gerade in Asien gehe man vermehrt von der reinen technischen Drill-Erziehung ab: "Musik ist gut fürs Hirn, wir wollen etwas bewegen in der kreativen Erziehung. Das ist besser als das Roboterlernen."

Umfassendes Sprachpaket

Die Amadeus School of Music ist ein Internat ("boarding school") mit normalem akademischem Curriculum, aber eben mit Musikschwerpunkt. Unterrichtssprache ist Englisch, ein umfassendes Sprachpaket in Deutsch und Mandarin wird angeboten. Der Abschluss ist ein "International Baccalaureate", das zum Universitätsbesuch berechtigt. Singapurs führende öffentliche Schule, das Raffles Institute, ist Ko-Betreiber. Die Musiklehrer kommen alle aus Österreich.

Die Investoren kommen zum Teil aus der chinesischen Auslandscommunity. Der Gründer einer Kette von Zahnkliniken, Wilson Goh, wird für die begabtesten Schüler einige Geigen aus seiner Sammlung italienischer Meisterstücke zur Verfügung stellen. Gute Beziehungen hat man auch zur Volksrepublik China, der Botschafter in Wien unterstützt das Projekt, das auch Schüler in China selbst suchen wird.

Kremb: "Wien kann damit von der asiatischen Dynamik profitieren, die trotz der Finanzkrise ungebrochen ist. Bürgermeister Häupl hat das erkannt." (Hans Rauscher, DER STANDARD, 20.4.2012)