1999 fuhr der Drei-Liter-Lupo vor, mit großem Medienecho und geringem Erfolg. Vorbildlich sparsam, aber wie so oft: Zu früh, zu teuer.

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Toyota rief im ausgehenden vorigen Jahrhundert eine neue Sportart aus, für die sich zuerst jahrelang kein Gegner interessierte. Die Regeln schienen zu kompliziert. Alle hofften offenbar, dass sich die Japaner selbst darin verfangen würden. Inzwischen ist schon die dritte Generation Hybridantrieb im Toyota Prius am Markt, in Kürze folgt die vierte. Es gibt mittlerweile zwar einige Hersteller, die Hybridautos anbieten, aber eher nach dem Motto "Lieber eine eigene Sportart erfinden als Zweiter werden". Was die Autos, die sich jetzt mit dem Wort Hybrid schmücken, wirklich gemeinsam haben, ist, dass sie der Prämisse von der zunehmenden Elektrifizierung folgen, jeder Hersteller aber ganz und gar auf seine eigene Art.


Hybrid-Pionier Toyota mit dem kommenden Plug-in-Prius.

Zuerst zum Referenzmobil, zur Messlatte sozusagen: Toyota hat den Prius konsequent auf geringstmöglichen Verbrauch bei höchster Alltagstauglichkeit ausgelegt. Dazu gehören ein 73-kW-Vierzylindermotor und ein 60-kW-Elektromotor/Generator, die über eine Kombination aus Planeten- und stufenlosem CVT-Getriebe zusammenwirken. Eine Nickel-Metallhydrid-Batterie mit einem energetischen Fassungsvermögen von 1,3 kWh speichert den phasenweise vom Benzinmotor gelieferten und/oder vom Generator rekuperierten Strom.

In dieser Konstellation mit äußerst vielfältigem Zusammenspiel der Komponenten sind die mit Abstand besten Verbrauchswerte eines benzinbetriebenen Autos dieser Fahrzeugklasse möglich, besonders im Stop-and-Go-Verkehr. Überraschenderweise erzielt der Prius sogar auf der Autobahn noch sehr niedrige Verbrauchswerte.

Dass der Prius in all seiner technischen Komplexität auch noch dermaßen problemlos funktioniert, war für die technologiestolzen europäischen Autohersteller nicht leicht zu verdauen, sie wussten nicht wirklich, dem etwas entgegenzusetzen. Außerdem hatte man schon einige Erfahrungen mit Energiesparkonzepten, und die waren nicht die besten, vor allem bei VW, vom Golf Ecomatic mit Schwungnutzautomatik (1993) bis zum Dreiliter-Lupo (1999).

Immer wieder trat der Fall ein, dass praktisch gleichzeitig zu einem neuen energetischen Gesamtansatz am Fahrzeug ein einziger Fortschritt in der Motorentechnologie alleine schon größer war, Beispiel Diesel-Direkteinspritzung (TDI). Also sieht ein französischer oder deutscher Hybridantrieb heute ganz anders aus als der japanische Weg: kein neues Konzept von Grund auf, sondern Hybrid huckepack, könnte man sagen.

Einer für alle

Die Europäer lassen einen erheblichen Teil der Arbeit am Hybridantrieb ihre Zulieferer erledigen. Das Beispiel Peugeot zeigt das sehr deutlich: Die elektrischen Komponenten können in unterschiedliche Modelle eingepasst werden, im Moment sind das Peugeot 3008, 508 und Citroën DS5. Der Elektromotor/Generator mit 27 kW sitzt an der Hinterachse, die er auch antreibt. Die Batterie befindet sich am Kofferraumboden. Zum im Wesentlichen unveränderten übrigen Fahrzeug besteht nur eine Kabelverbindung. Als Hauptaggregat dient ein Dieselmotor, wobei sich anfangs auch Experten über diese Konstellation wunderten, zumal der Diesel teuer ist und ohnehin schon sehr sparsam arbeitet und mit Hybrid nicht mehr viel zu holen wäre.


BMW ActiveHybrid5.

Nachdem die ersten Gehversuche der deutschen Premiumhersteller in Sachen Hybrid schon wieder vom Markt verschwunden sind (BMW X6, 7er, Mercedes M-Klasse und S 400), werden gerade neue Modelle eingeführt, deren Vorteile schon klarer erkennbar sind. Audi, BMW und Mercedes verfolgen mit ihren Hybriden die gleiche Grundphilosophie, jeder für sich baut aber eine völlig eigenständige Charakteristik darauf auf. Alle drei Konzepte stützen sich auf ein Automatikgetriebe, in dem ein Elektromotor/Generator den Drehmomentwandler ersetzt (Parallel-Hybrid). Bei Audi und BMW erscheint diese Einheit sogar praktisch baugleich. Sie hat jedenfalls acht Stufen und stammt vom selben Zulieferer, dem Getriebespezialisten ZF. Mercedes verwendet die hauseigene Siebengangautomatik.

Audi kombiniert das Hybridmodul mit seinem aufgeladenen Vierzylinder-Benzinmotor mit gut 200 PS, während BMW den 3-Liter-Doppelturbo mit sechs Zylindern und fast 100 PS mehr verwendet. Entsprechend der Firmenphilosophie ist erstere Kombination sehr komfortabel ausgerichtet, wobei sich der Vierzylinder extrem laufruhig gibt und das Leistungsspektrum auch hier schon gehobene Ansprüche erfüllt. Beim BMW steht in auffälliger Weise höchste Dynamik im Vordergrund. Mercedes geht im Detail dann wieder einen ganz anderen Weg. Der stärkste Vierzylinder-Dieselmotor wird mit einer etwa halb so großen Batterie wie bei allen anderen Konkurrenten kombiniert.


Peugeot 3008 HYbrid4.

Und jetzt fragt man sich: Was kann dahinter stecken? Wer ist womöglich der Bessere? Nach ausführlichen Testfahrten ergaben sich folgende Schlussfolgerungen: Toyota verwendet mit 60 kW einen mehr als doppelt so starken Elektromotor wie die europäische Konkurrenz. Das heißt, er hat damit auch entsprechend mehr Generatorleistung zur Verfügung, kann also viel besser rekuperieren. Das macht ihn im Stop-and-Go der Wiener Ringstraße unschlagbar, wo er mit vier Liter Benzin auf 100 km durchkommt - auch dann, wenn er drei Tage dafür braucht. Ein ideales Auto für den Dauerstau. Daran wollen Europäer erst gar nicht denken.

Segeln ist sinnvoll

Die deutschen Beispiele verstehen sich nämlich am besten aufs Segeln. Um aus einem Hybridsystem auf der Autobahn Vorteile zu ziehen, ist es am besten, der Verbrennungsmotor schaltet sich dort so oft wie möglich weg oder ganz aus. Und das können die Deutschen besonders gut.


Mercedes E 300 Bluetec Hybrid.

Bleibt noch die Frage, warum Dieselmotor? Das lässt sich am besten anhand der Benzinmotoren von Audi und BMW erklären. Da sie aufgrund des kleinen E-Motors/Generators nur wenig Energie rekuperieren können, geht ihnen im Stop-and-Go bald der Strom aus. Der Hybrid-Audi ist dann im Wesentlichen auf einen Vierzylinder-Ottomotor mit Start-Stopp-Automatik reduziert. Genauso der BMW, der auch noch den Nachteil hat, dass er jetzt einen voluminösen reibungsintensiven Sechszylinder im ungünstigsten Teillastbereich betreibt.

Im Stau kann der Dieselmotor also noch einiges retten. Auch wenn die Diesel von Peugeot und Mercedes ebenso bald ohne Strom dahinrollen, sie werden immerhin von einem effizienteren Dieselmotor angetrieben. So kommt etwa Mercedes mit einer ausgeklügelten Segelstrategie und dem Dieselmotor locker mit einer wesentlich kleineren Batterie aus und schneidet verbrauchsmäßig auch gut ab.

Die Sorge davor, als Zweiter hinter dem Prius in die Geschichte einzugehen, hat GM auf eine ganz besondere Idee gebracht. Der Chevrolet Volt bzw. Opel Ampera wird gleich als Elektroauto bezeichnet, das einen Benzinmotor zur Verlängerung der Reichweite besitzt. Der Gedanke dahinter scheint schlüssig: Ist der Strom der Batterie zu Ende, schaltet sich der Benzinmotor ein und lädt sie wieder auf.


Opel Amperka und Audi A8 Hybrid.

So einfach geht es aber nicht, weil dabei zu viel Energie verlorenginge. Es muss also auch einen direkten Antrieb der Räder durch den Verbrennungsmotor geben. Streng genommen ist der Volt/ Ampera ein Hybridauto von ähnlicher Komplexität eines Toyota Prius, im Detail aber ganz anders aufgebaut. Allerdings kann man den Ampera auch an der Steckdose laden und rund 50 km rein elektrisch fahren (mit den bisher besprochenen Hybriden kommt man rein elektrisch gerade mal zwei Kilometer). Streng genommen ist er also ein sogenannter Plug-in-Hybrid, wie die kommende Prius-Generation auch. Dafür braucht man aber viel größere Batterien, was den Preis kräftig in die Höhe treibt. (Rudolf Skarics, DER STANDARD, 19.4.2012)