Bild nicht mehr verfügbar.

Karl-Lueger-Statue in Wien: Einen Ring-Abschnitt, der seinen Namen trägt, wird es künftig nicht mehr geben.

Foto: APA/Schlager

Bild nicht mehr verfügbar.

Proteste gegen die Benennung gab es seit vielen Jahren, auch im Jahr 2002 demonstrierten Wiener Jusos. Mehr Bilder in der Ansichtssache Lueger-Ring: Schilder mit Ablaufdatum

Foto: APA/Schneider

Der Lueger-Ring reicht von der Verlängerung der Stadiongasse bis zur Schottengasse.

Screenshot: Google Maps

Wien - Nach jahrelangen Debatten ist es nun fix: Der Dr.-Karl-Lueger-Ring in Wien wird umbenannt. Der betreffende Abschnitt der Ringstraße, an dem unter anderem die Universität und das Burgtheater liegen, wird künftig "Universitätsring" heißen. Wirksam wird die Namensänderung mit dem Beschluss im zuständigen Gemeinderatsausschuss, der noch vor dem Sommer erfolgen soll, sagte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Die Stadt wolle damit ein "Zeichen für ein differenziertes Lueger-Bild" setzen.

Wunsch der Uni Wien

Er komme damit nicht zuletzt dem - in der Vergangenheit wiederholt bekräftigten - Wunsch der Uni Wien nach einer Änderung der Adressbezeichnung nach, betonte der Ressortchef. Lueger (1844-1910) sei nicht nur ein "kommunaler Erneuerer" gewesen - der frühere Wiener Bürgermeister hatte Dienstleistungen wie die Wasser- und Energieversorgung oder das Straßenbahnnetz von Grund auf neu organisiert -, sondern gelte auch als "Begründer des modernen Antisemitismus", so Mailath-Pokorny.

Außerdem gebe es Belege für die Wissenschaftsfeindlichkeit des ehemaligen Stadtoberhaupts, wonach er etwa Universitäten als "Brutstätten der Religions- und Vaterlandslosigkeit" verunglimpft habe.

Austausch der Straßenschilder bis Oktober

Von der Umbenennung betroffen ist der Ring-Abschnitt zwischen Stadiongasse und Schottentor. Während die Adressänderung mit dem - noch vor dem Sommer anvisierten - Beschluss im Ausschuss rein formal erledigt ist, wird der tatsächliche Austausch der Straßenschilder noch etwas dauern.

Mailath-Pokorny rechnet damit, dass rund um den Beginn des Wintersemesters - also gegen Anfang Oktober - die erste neue Bezeichnungstafel feierlich enthüllt werden kann.

Umbenennung soll "Ausnahme" bleiben

Die Namensänderung ist laut Mailath-Pokorny eine Ausnahme. "Ich habe grundsätzlich nicht vor, Umbenennungen in der Stadt vorzunehmen", betonte er. Denn schließlich solle Wiens Straßenkarte nicht "ausgeweißelt" werden. Namensgebungen spiegelten immer auch die Geschichte einer Stadt wider - und "man soll nicht so tun, als ob es keine dunklen Seiten gegeben hätte".

Im Fall der umstrittenen historischen Figur Karl Lueger könne man aber insofern eine Ausnahme machen, als der Politiker im Stadtleben auf vielfältige Weise gewürdigt werde. So wird etwa durch zwei Denkmäler im öffentlichen Raum - eines davon steht am ebenfalls nach dem früheren Bürgermeister benannten Dr.-Karl-Lueger-Platz - und drei Gedenktafeln an den Kommunalpolitiker erinnert. Außerdem gibt es die Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche am Zentralfriedhof und nicht zuletzt eine nach Lueger benannte Eiche im Rathauspark.

Widerspruch des Bezirks würde nichts ändern

Laut dem Kulturstadtrat wird demnächst noch eine Stellungnahme der Inneren Stadt eingeholt, wobei sich Bezirkschefin Ursula Stenzel (ÖVP) zuletzt eher negativ geäußert habe. Das ändere aber nichts am städtischen Entschluss, da der Bezirk in dieser Sache kein Entscheidungs-, sondern nur ein Anhörungsrecht habe. Der endgültige Beschluss wird dann im Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft gefasst. Eine separate Abstimmung in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung ist nicht mehr nötig.

Für die am Straßenabschnitt ansässigen Institutionen und vor allem für die Büros - betroffen sind insgesamt acht Hausnummern - würden nur geringe Kosten entstehen, versicherte Mailath-Pokorny. Mit der Post sei vereinbart, dass die alten und neuen Adressen parallel ein Jahr lang ab Wirksamwerden der Umbenennung gültig seien.

Intellektuelle kämpften schon lange

Freuen dürfte sich jedenfalls die Uni Wien, die in den vergangenen Jahren wiederholt auf eine Umbenennung ihrer Adresse gedrängt und zuletzt im Mai des Vorjahres für den Namen "Universitätsring" plädiert hatte. Als Wunschdatum nannte das Rektorat damals das Jahr 2015, in dem die Universität ihr 650-Jahr-Jubiläum feiert. Bekannte Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft wie Ruth Klüger, Robert Schindel, Eric Kandel und Isolde Charim hatten sich ebenfalls für eine andere Bezeichnung des Lueger-Rings ausgesprochen.

Ungeachtet der Neubenennung des Dr.-Karl-Lueger-Rings läuft derzeit eine große Prüfung aller Wiener Straßen und Plätze, die nach Personen benannt und möglicherweise historisch belastet sind. Ein Ergebnis der seitens der Stadt eingesetzten Kommission soll laut Mailath-Pokorny noch im Frühjahr vorliegen. Dann werde man sich wohl jeden Fall einzeln anschauen, wobei der Stadtrat grundsätzlich an derzeitigen Bezeichnungen festhalten will.

Nicht die erste Umbenennung

Die Umbenennung in "Universitätsring" ist übrigens nicht die erste Namensänderung des 620 Meter langen Straßenabschnitts. 1870 eröffnet, hieß er zunächst Franzensring. Nach dem Ende der Monarchie wurde er in "Ring des 12. November" umbenannt, um an die Ausrufung der Ersten Republik zu erinnern. 1934 - in der Zeit des Ständestaates - wurde die Straße in zwei Abschnitte geteilt. Seither trägt sie den Namen Dr.-Karl-Lueger-Ring.

Der Ring war nicht immer eine repräsentative Prachtstraße: Im Mittelalter verlief in diesem Bereich die Grenze zwischen Wien und den Vorstädten. Später befanden sich dort Befestigungsanlagen. Ende 1857 wurde deren Schleifung beschlossen - das Gebiet war frei für den Bau der Ringstraße. (APA, 19.4.2012)