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Aus den Bewerbungsunterlagen sollen keine personenbezogenen Daten hervorgehen.

"Bis Ende 2012 sollte es im öffentlichen Dienst möglich sein. Ein, zwei Jahre später auch im privaten Bereich." SOS Mitmensch fordert in einer Aussendung die Einführung anonymisierter Bewerbungsverfahren. Zuerst schrittweise, dann flächendeckend in ganz Österreich, wie Alexander Pollak von SOS Mitmensch gegenüber derStandard.at präzisiert. Als Vorbild dient ein Pilotprojekt in Deutschland, die Ergebnisse wurden am Dienstag präsentiert.

Keine personenbezogenen Daten

Um Diskriminierungsmechanismen zu vermeiden, solle der Lebenslauf um die Angaben Alter, Name, Geschlecht und Staatsangehörigkeit bereinigt werden, erklärt Pollak. In den Unterlagen dürfe auch kein Foto dabei sein. Der Anlass für den Vorstoß ist ein Projekt in Deutschland, das gezeigt habe, dass von anonymen Bewerbungen bestimmte Gruppen profitieren. Laut Bilanz der Initiatoren sind das etwa jüngere Frauen, die bereits Berufserfahrung haben und zum Beispiel wegen eines möglichen Kinderwunsches bislang schlechtere Karten hatten. Genauso wie Leute mit Migrationshintergrund.

Laut einer deutschen Studie sind Benachteiligungen aufgrund von Namen keine Seltenheit. Bei gleicher Qualifikation erhielten Bewerber mit türkisch klingenden Namen 14 Prozent weniger positive Antworten, bei kleinen Unternehmen sanken die Chancen sogar um 24 Prozent. Mit Hilfe von anonymen Bewerbungsverfahren könnten genau solche Diskriminierungen verhindert werden. Einladungen zu Vorstellungsgesprächen würden rein nach der tatsächlichen Qualifikation ausgesprochen, meint Pollak. Wie es etwa vor allem im englischsprachigen Raum schon seit Jahren vorexerziert wird, und: "Bei persönlichen Gesprächen greifen dann die Vorurteile nicht mehr so leicht." Kandidaten könnten mit ihrer Kompetenz überzeugen.

"Anonymisierung wirkt"

Am Modellprojekt in Deutschland nahmen halböffentliche und private Unternehmen wie Deutsche Post, Deutsche Telekom, Procter & Gamble teil, öffentliche Stellen wie Ministerien waren auch an Bord. Insgesamt wurden über 8.500 Bewerbungen anonymisiert eingesehen, 246 Stellen wurden besetzt. Die Untersuchung ist nicht repräsentativ, die Initiatoren sprechen aber von einem vollen Erfolg: "Anonymisierung wirkt. Sie stellt Chancengleichheit her und macht Bewerbungsverfahren fairer. Und: Weitere Unternehmen und Personaler beginnen jetzt, ihren bisherigen, traditionellen Ansatz zu überdenken. Das ist ein gutes Signal für eine neue Bewerbungskultur in Deutschland", sagt Christine Lüders in einer Aussendung. Sie verantwortete das Projekt als Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS).

Zum Einsatz kamen vier Varianten der Anonymisierung. Elektronisch ein standardisiertes Bewerbungsformular, das via Internet heruntergeladen werden konnte und ein Online-System, das die Daten eliminierte. Manuell wurden die Bewerberdaten in eine Tabelle übertragen und die Angaben direkt in den Unterlagen schwarz gefärbt. Einige Projektpartner wollen nach dem Testlauf auch in Zukunft auf teil- oder vollanonymisierte Bewerbungsverfahren setzen, heißt es.

Gesetzliche Verankerung

In Österreich ist ein erster Versuch in Tirol geplant, derStandard.at berichtete. SOS Mitmensch will in den nächsten Wochen Gespräche mit Vertretern aus dem Sozial- und Wirtschaftsministerium und mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek führen. Ein Leitfaden soll erarbeitet werden. Der öffentliche Sektor müsse die Vorreiterrolle einnehmen, sagt Pollak. Im nächsten Schritt wünscht er sich eine gesetzliche Verpflichtung für größere und mittlere Unternehmen. Langfristig sollen auch kleinere Firmen in die Pflicht genommen werden: "Das ist umsetzbar." Die deutsche Studie habe gezeigt, dass ein anonymes Prozedere keinen Mehraufwand bedeute, so Pollak. (om, derStandard.at, 18.4.2012)