Wien - Janine Wulz (Grüne und Alternative StudentInnen, GRAS) bleibt Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH). Die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG) konnte bei der Sondersitzung am Dienstagnachmittag bei einer geheimen Abstimmung keine Mehrheit für eine Abwahl der ÖH-Chefin finden. Die AG hatte eine Sondersitzung beantragt, weil Wulz aus ihrer Sicht wegen ihres Engagements beim viel kritisierten, von der ÖH Uni Wien mit fast 450.000 Euro geförderten Studibeisl Café Rosa nicht mehr tragbar sei.

Die AG hatte bei ihrem Antrag auf "Abwahl durch Neuwahl" Angelika Gruber vom Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ), derzeitige stellvertretende ÖH-Vorsitzende, als Kandidatin für den ÖH-Chefsessel nominiert. "Es geht nicht um Fraktionspackelei, es geht um Verantwortung", appellierte Martin Brenner (AG) an die Mandatare aller Fraktionen und verwies selbst auf die Skurrilität, dass seine Fraktion eine "Sozialistin" als ÖH-Vorsitzende vorschlage. Es gehe darum, den Ruf der ÖH wiederherzustellen, nachdem die Studentenvertretung der Uni Wien in einem "ideologischen Rauschzustand" "fast eine halbe Million Euro in gesetzeswidriger Weise vernichtet", so Thomas Fussenegger (AG). Es sei nicht egal, was ein Politiker in seiner letzten Position gemacht habe, wenn er dadurch den Respekt vor der ÖH beschädige.

Keine Mehrheit

Die nötige einfache Mehrheit für Grubers Wahl konnte die AG allerdings nicht erreichen: Nur 32 der 83 anwesenden Mandatare stimmten dafür, dass anstelle von Wulz Gruber der ÖH vorstehen solle. 46 stimmten gegen Wulz' Abwahl, fünf Mandatare enthielten sich der Stimme. Wulz hat damit ihren ersten Antrag auf Abwahl unbeschadet überstanden und bleibt bis zum planmäßigen Wechsel Ende Juni ÖH-Chefin, danach übernimmt Martin Schott von den Fachschaftslisten (FLÖ), derzeit Wulz' zweiter Stellvertreter, den ÖH-Vorsitz.

Die Koalition aus GRAS, VSStÖ, Fachschaftslisten (FLÖ) und Fraktion Engagierter Studierender (FEST) hält derzeit mit 53 der insgesamt 92 besetzten Mandate eine satte Mehrheit. 51 der 83 anwesenden Mandatare waren Vertreter der Koalition. Diese hatten bereits vor der Wahl betont, weiter hinter Wulz zu stehen.

Demgegenüber standen 22 Vertreter der AG, drei der Jungen Liberalen (Julis) sowie acht freie Mandatare. Für die Julis sprach sich allerdings Elias van der Locht trotz seiner Kritik am "ideologischen Projekt" Café Rosa gegen die Abwahl von Wulz aus, denn das hieße, sie in einer anderen Position für etwas zu bestrafen, das in ihrer alten Position rechtlich möglich gewesen sei. Stattdessen wollen die Julis einen Antrag auf Urabstimmung für ein Ende der "Zwangsmitgliedschaft" bei der ÖH einbringen.

Brenner: "traurig"

Die ÖVP-nahen Studentenvertreter hatten Wulz vorgeworfen, dass sie in der Öffentlichkeit behauptet habe, nichts mit dem Beisl zu tun zu haben, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch Kassierin des Betreibervereins war. Die AG ortet beim kurz vor den ÖH-Wahlen im Mai 2011 eröffneten Café Rosa unter anderem eine Umgehung der Kontrolle durch das Wissenschaftsministerium und wirft der ÖH Uni Wien, wo Wulz zur Zeit der Café-Gründung als Wirtschaftsreferentin tätig war, verfehlte Investitionen und Misswirtschaft vor.

Das Ergebnis der Abstimmung nahm Brenner "traurig" zu Kenntnis, offenbar sei der "koalitionäre Kitt" stärker gewesen als die Vernunft. Er betonte allerdings, dass noch eine Prüfung durch den Rechnungshof ausstehe, dazu komme eine - vom Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) eingebrachte - Anzeige wegen des Verdachts der Untreue und satzungswidriger Verwendung von ÖH-Mitteln.

Auch die Kontrollkommission im Wissenschaftsministerium ist seit längerem aktiv und prüft, ob durch die Gründung eines Betreibervereins die nötige Genehmigung durch das Ministerium umgangen werden sollte. Weil das Café schlechter lief als erwartet, hat die ÖH Uni Wien sich unterdessen auf die Suche nach einem Pächter begeben und will sich nur noch um die inhaltliche Bespielung des Lokals kümmern. (APA, 17.4.2012)