Im Zeichen der Einigkeit und Geschlossenheit stand am Sonntag ein ",Frühschoppen' der Freiheitlichen Partei" - treffender kann man den Zustand der blauen Kolonie der Volkspartei nicht beschreiben, als dies der APA gelungen ist. Bei der zum mythischen Vereinigungsritual erstarrten Kombination von Bier- und Befehlsausgabe macht sich ein Häufchen Verzagter vor, eine Partei zu repräsentieren, von der in Österreich etwas abhängt, führt damit aber nur vor, wie sehr deren Lebensfunktionen von der Teilhabe an der Regierung Schüssel abhängen. Mausgrau ist alle Theorie, der Fortbestand der schwarz-blauen Koalition hinge von der Gnade Jörg Haiders ab, solange der fürchten muss, dass er mit deren Entzug höchstens den Fortbestand der eigenen Partei gefährdet, sicher nicht den Fortbestand des verhassten Koalitionspartners.

Dieser Hass artikuliert sich umso brutaler, je deutlicher zutage tritt, dass die FPÖ - nun auch offiziell wieder mehr die FPÖ Jörg Haiders - real eben genau das ist, was verbal fanatisch bestritten wird: der Blinddarm der Schwarzen. Wäre es anders, wie käme dann Haider überhaupt auf einen solchen Gedanken? Zu hören bekommen die Darmfloristen das von Schüssel und Bartenstein, Khol und Molterer nie, die sind viel zu sehr in christlich-sozialer Wahrhaftigkeit verstrickt, um auszusprechen, was ist. Zu spüren bekommen sie es schon, aber solange ihnen ein paar Regierungsämter wichtiger sind als die Grundsätze, die sie ohnehin nicht haben, müssen sie sich mit ihrer Blinddarm-Existenz abfinden, und das Einzige, was sie tun können, ist, mit immer stärker geblähten Hälsen gegen den Eindruck anzukeifen, den sie damit erwecken.

Kaum haben sie den faulen Kompromiss der ersten Etappe der Pensionsreform abgesegnet, glaubt Haider ernstlich, irgendjemanden außerhalb der Bierschwemme zu beeindrucken, wenn er verkündet, die FPÖ werde "auch in Zukunft keine faulen Kompromisse eingehen". Selbstverständlich wird sie das, noch viel faulere. Denn einer, der zwar erkennt, für faire Reformpolitik habe "der kleine Prinz mit dem kalten Herzen kein Verständnis", aber im selben Atemzug die für Millionen Bürgerinnen und Bürger spürbaren Folgen dieser Kleinheit und Kälte als "gutes Ergebnis" feiert, um sich dem kleinen Prinzen doch wieder an den Hals zu werfen, ist nicht nur zum faulsten Kompromiss bereit, er repräsentiert politische Fäulnis.

Und kaum haben sie dem "guten Ergebnis" der Pensionsreform zugestimmt, stellen sie es schon wieder infrage. Jetzt droht Haider, komme im Herbst keine Harmonisierung des Pensionssystems, "dann wird es auch die Pensionsreform nicht geben". Schließlich sei die Mehrheit dafür im Bundesrat noch nicht gesichert. Gemeint ist, beim dann fälligen Beharrungsbeschluss des Nationalrates könnten FP-Abgeordnete doch dagegen stimmen.

Selbstverständlich wird es im Herbst keine Harmonisierung geben, die diesen Namen ernsthaft verdient. Das weiß jetzt schon jeder, der die diversen Gedankenblitze dazu registriert. Auch Haider weiß das, und meinte er einmal etwas ernst, hätten die FPÖ-Abgeordneten schon am 14. Juni gegen die Pensionsreform stimmen müssen. Abgesehen davon, dass Haiders Stil, politische Geschäfte in der Form von Erpressung zu betreiben, schon durch seine bisherige Erfolglosigkeit desavouiert ist, gehörten seine leibeigenen Abgeordneten dann nicht mehr ins Parlament, sondern wegen parteipolitischer Tollwut von der Öffentlichkeit abgesondert.

Nett war auch Herbert Haupts Ankündigung, er werde "manchen Bezirkssekretären klar machen, dass sie für das Service der Mitglieder da sind und nicht bezahlte Intriganten für die Bundespartei". So viel zur innig beschworenen Einigkeit in der FPÖ. (DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.6.2003)