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Wien läuft.

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Haile Gebrselassie und der Trost für Paula Radcliffe nach dem Halbmarathon.

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Marathon-Sieger Henry Sugut

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Marathon-Siegerin Fate Tola

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Er wäre allen davongelaufen. Hätte man ihn gelassen.

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Wien - "Es tut mir leid", sagte Paula Radcliffe, "ich hätte gerne mehr gezeigt." Doch schon zwischen U4 (Disco) und Schönbrunn (Schloss) war das groß propagierte Verfolgungsrennen gelaufen, hatte Haile Gebrselassie die Britin ein- und überholt. Mit einer kurzen Handbewegung wollte er sie motivieren, doch Radcliffe konnte nicht zusetzen. Die 38-Jährige, die seit 2003 den Marathon-Weltrekord hält (2:15:25), kam über die halbe Distanz nicht annähernd auf die halbe Zeit.

Nach 72:03 Minuten hockte Radcliffe schwer enttäuscht im Ziel auf dem Heldenplatz, und Gebrselassie legte tröstend den Arm auf sie. Er hatte sich schon eine Zeitlang erholt, in 60:52 Minuten seinen Streckenrekord vom Vorjahr um nur 34 Sekunden verpasst. "Ich bin zufrieden", sagte der Äthiopier. "Es war diesmal ja windiger und deutlich kälter." Als Radcliffe sich gefangen hatte, lief sie gemeinsam mit Gebrselassie noch einmal vor der Tribüne auf und ab, um den Zuschauern zu winken. Später bedankte sie sich bei Veranstalter Wolfgang Konrad. Das Format der Verfolgung sei "einzigartig", die Strecke "wunderschön", das Publikum " wirklich nett" gewesen. "Leider waren meine Beine schwer."

Eine Bronchitis hatte ihr vor kurzem zugesetzt. "Dennoch wollte ich hier deutlich besser laufen." Auf dem Weg zu ihrem großen Ziel, dem olympischen Marathon daheim in London, stellte Wien einen Rückschlag dar. Radcliffe wird bei den Spielen nicht als Favoritin ins Rennen gehen, vielleicht kommt London für sie ebenso zu spät wie für den gleichaltrigen Gebrselassie, der keine Chance hatte, sich zu qualifizieren. Weiterlaufen wird er sowieso, die Wettkämpfe reduzieren. " Ich laufe jeden Tag fast 35 Kilometer. Da kann man nicht einfach aufhören. Laufen ist mein Leben."

Korrigiert

Gebrselassie sah darüber hinweg, dass die elektronische Anzeige auf seinem Begleitfahrzeug nicht funktionierte. "Kein Problem, mir wurde ja bei jedem Kilometer meine Zwischenzeit mitgeteilt." Mehr störte ihn, dass er früh ohne Tempomacher auskommen musste. "Dem war vielleicht auch zu kalt." Der Veranstaltung mit insgesamt 36.000 Teilnehmern, die sich auf diverse Bewerbe verstreuten, machte nicht allein das Wetter zu schaffen. Ärgernis für viele Zuseher war die Tatsache, dass es mit den Zeitangaben generell Probleme gab. Sie hätten am Marathon-Ende den Sieger Henry Sugut auch eine Zeit unter 2:07 Stunden kosten können. Als der Kenianer ins Ziel lief, leuchteten auf der Anzeigetafel 2:07:16 Stunden auf, dann wurde auf 2:06:58 korrigiert. Die Differenz von 18 Sekunden? Kaum erklärbar.

Sugut war jedenfalls froh, die seit 2008 von seinem Landsmann Abel Kirui gehaltene Bestleistung um 40 Sekunden verbessert und als Erster seit dem Tschechen Karel David (1991, 1992) einen Wien-Sieg wiederholt zu haben. Kenia siegte siebenfach, auch Suguts Landsleute Gilbert Yegon und Vorjahrssieger John Kiprotich blieben unter 2:08.

Kommt Zeit, kommt Zeit

Mit den Zeitangaben hatte auch der ORF seine liebe Not. Dass Tanja Eberhart, als Neunte erneut beste Österreicherin, ihre persönliche Bestzeit verfehlt habe, hieß es zunächst. Später stellte sich heraus, dass sich Eberhart doch verbessert hatte, um zwölf Sekunden auf 2:43:59 Stunden. Keine Diskussion gab es über den Sieg der Äthiopierin Fate Tola (2:26:39). Und Roman Weger, auf Rang 24 der beste Österreicher, interessierte seine Zeit (2:24:53) weniger als die Tatsache, dass er trotz Oberschenkelproblemen ins Ziel gekommen war.

Die groß angekündigte App, mit der sich jeder einzelne Läufer via Internet quasi verfolgen lassen sollte, funktionierte am Sonntag wie die Marathon-Homepage alles andere denn einwandfrei. Bleibt wenigstens in dieser Hinsicht, wenn sich schon eine Besetzung mit Gebrselassie und Radcliffe kaum toppen lässt, fürs Jubiläum, für die 30. Auflage im nächsten Jahr, noch Luft nach oben.(Fritz Neumann, DER STANDARD, 16.4.2012)