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Hommage an die chemische Komplexität von Karamell: Ein fragiles Riesenosterei aus Karamellfäden.

Foto: Reuters/Vasily Fedosenko

Bremen - Karamell gilt im Allgemeinen schlicht als gebrannter Zucker. Tatsächlich enthält die Substanz, die durch das Erhitzen, Schmelzen und Wiedererstarren von Zucker gewonnen wird, am Ende nur noch etwa zehn Prozent Zucker, alle anderen Komponenten bilden sich im Verlauf des Prozesses neu. Wie die Jacobs University Bremen berichtet, hat der Bremer Chemiker Nikolai Kuhnert diese Komponenten analysiert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die beliebte Süßigkeit aus mindestens 4.000 Stoffen besteht.

Vor etwa 100 Jahren hat der französische Physiker und Chemiker Louis Camille Maillard entdeckt, dass sich Zucker wie Glukose, Fruktose und Saccharose in ihrer chemischen Zusammensetzung dramatisch ändern, wenn sie erhitzt werden. Das Hauptproblem bei der Untersuchung von Karamell lag bislang in der Komplexität der entstehenden Produkte. Bei der Erwärmung verliert der Zucker Wasser - aber zu welchen Reaktionsprodukten führt das?

Anwendungen für die Lebensmittelforschung

Der Arbeitsgruppe um Kuhnert ist es nun erstmals gelungen, die Reaktionsprodukte, die beim Erhitzen von Zuckern entstehen, zu identifizieren und die chemischen Reaktionen, die bei der Entstehung von Karamell stattfinden, zu verstehen. Mittels Massenspektrometrie wurde gezeigt, dass mindestens 4.000 verschiedene Reaktionsprodukte entstehen, zum Beispiel Oligomere von Zuckern und Wasserabspaltungprodukte. Auch die Entstehung der Karamellfarbe konnte in Teilen erklärt werden.

Die Zusammensetzung der Karamellfarben ist ein besonders interessantes Analysegebiet. Potenzielle Anwendungsmöglichkeiten der Erkenntnisse gäbe es viele, denn Karamell wird nicht nur des Geschmacks wegen, sondern auch als Lebensmittelfarbe eingesetzt. Was kaum jemand wahrnimmt: Immerhin 80 Prozent aller gefärbten Lebensmittel wurde laut den Bremer Forschern Karamell zugesetzt. (red, derStandard.at, 16.4.2012)