Salzburg/Wien - Österreich ist für Gerard Mortier, Ex-Intendant der Salzburger Festspiele und derzeit Leiter der Ruhrtriennale, "schon lange keine Kulturnation mehr, weil sie sich nicht erneuert. Das Land lebt nur noch von den Traditionen aus der Vergangenheit und alles, was neu ist, ist an die Peripherie gedrängt worden. So lange das Neue nicht in die Mitte kommen kann, wird Österreich keine Kulturnation sein, sondern ein Museum, das ein bisschen muffig wird." So äußert sich der künftige Chef der Pariser Oper in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten" (Dienstag-Ausgabe). Auch den zunehmenden Druck auf Kulturinstitutionen, Gelder aus der Wirtschaft locker zu machen, sieht Mortier sehr skeptisch: "Eine Kulturnation kann man doch nicht von Sponsoren abhängig machen."

Gegenüber Salzburg habe er "weder negative noch positive Gefühle": "Ich habe dort eine wunderbare Arbeitsstelle gehabt und sehr viele Freunde gewonnen. Ich gehöre irgendwie zu dieser Stadt, aber ich habe keine Sehnsucht." Die finanzielle Situation der Festspiele sei derzeit "nicht gerade einfach": "Ruzicka kann ja kein Risiko mehr eingehen. Jedes Jahr zwei Prozent weniger: da kann er doch nur noch Stücke spielen, die ihm auch Geld bringen." Im übrigen sei er "entsetzt, wie die Sache mit dem Kleinen Festspielhaus gehandhabt wird. 1998 hat schon mein Kollege Hans Landesmann die Präsidentin Rabl-Stadler darauf hingewiesen, dass man das nicht so einfach Wilhelm Holzbauer zuspielen kann."

An der Pariser Oper sieht er zwei große Aufgaben vor sich: "Sehr viele Regisseure hineinbringen, einige, die schon in Paris gearbeitet haben und solche, die dort noch nicht waren, und gute Dirigenten. Und dann möchte ich bestimmte Experimente machen und das Haus öffnen für ein neues junges Publikum." (APA)