Pinterest könnte der nächste Übernahmekandidat des Social Webs werden.

Screenshot: red

Die überraschende Akquisition des Foto-Dienstes Instagram durch Facebook hat dem Startup einen Wert von einer Milliarde US-Dollar zugewiesen. Doch der Rang des heißesten Newcomer-Netzwerkes gebührt Instagram nicht alleine. Pinterest, auch eine Foto-Community, kann ebenfalls Anspruch auf den Titel erheben. Das macht das Startup zu einem weiteren Übernahmekandidaten.

Retro-Kult

Zwar handelt es sich bei beiden Diensten um Foto-Community, jedoch mit unterschiedlichem Fokus. Über die 2010 gegründete Foto-Community können Nutzer mittels iPhone- und seit kurzem auch Android-App Fotos mit den aktuell so populären Retro-Filtern und Effekten aufpolieren. Die Aufnahmen werden einerseits im eigenen Profil präsentiert, dem andere User folgen können. Andererseits können sie automatisch auf Facebook, Twitter, Flickr, Tumblr, Posterous und Foursquare gepostet werden. Seit kurzem können auch Fotos der beliebten iPhone-App Hipstamatic in den Instagram-Feed gespeist werden.

Sammel-Bilder

Bei Pinterest geht es darum, Interessen und Vorlieben auf Fotos und Grafiken gebannt mit anderen Usern zu teilen - ein visuelles Äquivalent zum Like-Button von Facebook. Bildersammlungen können zu verschiedensten Themen auf virtuellen Pinnwänden angelegt werden. Die Fotos werden über App oder Web-Interface entweder selbst hochgeladen oder aus dem Web angepinnt. Der Dienst startete 2010 als geschlossene Beta, derzeit können Nutzer nur nach Einladung bereits aktiver Mitglieder neue Accounts anlegen.

Wachsende User-Zahlen

Beide Netzwerke weisen ein rasantes Wachstum auf. Instagram konnte seit der Gründung 2010 30 Millionen User anziehen. Die App für Android wurde alleine in den ersten 24 Stunden nach der Verfügbarkeit rund eine Million Mal aus dem Google Play Store geladen. Pinterest, ebenfalls 2010 gestartet, meldet aktuell 17 Millionen User.

Mobile Nutzung

In Sachen Mobilität hat Instagram die Nase vorne. Nutzer können mit der App gleichermaßen Fotos aufnahmen, bearbeiten und sofort über das eigene und wie weiter oben erwähnt auch andere Netzwerke teilen. Einen offiziellen Web-Client gibt es nicht. Für Pinterest existiert zwar ebenfalls eine iPhone-App, allerdings ist das Netzwerk besser auf die Darstellung im Browser angepasst. Die Foto-Sammlungen sehen auf einem großen Bildschirm im Cluster besser aus als in chronologischer Reihenfolge.

Werbewert

Beobachter sind sich sicher, dass sich Facebook Instagram vor allem wegen des Potenzials für mobile Werbung geschnappt hat. Mobile Werbung in populären Instagram-Streams anzuzeigen, könnte die Werbeeinnahmen für Facebook beträchtlich steigern. Vorausgesetzt, die Community wechselt aufgrund der Übernahme nicht zu einem anderen Dienst. Werbetechnisch noch interessanter ist jedoch Pinterest, über das Nutzer ganz offen zeigen, welche Mode ihnen gefällt, wo sie gerne auf Urlaub fahren würden und welche Kekse sie am liebsten essen. Gleichzeitig wird angezeigt, von welchen Websites die Bilder stammen, was in gewissem Umfang auch Rückschlüsse auf die Surf-Gewohnheiten der User zulässt.

Interessant für Google oder Amazon

Der Wert von Pinterest wird laut Cnet auf 200 Millionen US-Dollar geschätzt. Instagram wurde vor der Ankündigung des Facebook-Kaufs auf 500 Millionen US-Dollar bewertet. Pinterest könnte bei einer Übernahme einen ähnlichen Kaufpreis erzielen. Beispielsweise wäre die Plattform für Google nach dem Facebook-Instagram-Deal eine potentieller Übernahmekandidat, um sein Engagement im Bereich sozialer Median neben Google+ zu stärken. Aber auch für Amazon wäre der Dienst interessant, um seine Aktivitäten ins soziale Web auszuweiten. 

Problemfeld

Während User auf Instagram eigene Fotos teilen, könnte das Thema Copyrights für Pinterest noch zum Problem werden. Neben eigenen Fotos werden hauptsächlich im Web gefundene Bilder gepostet und von andere Usern repinned. Zwar wird auf die ursprüngliche Quelle mit einem Link verwiesen, doch nicht alle Seiten geben ihre Fotos für so eine Weiterverwertung frei. Pinterest hat diesbezüglich bereits Verbesserungen angekündigt. Bei einer Übernahme und Nutzung für mobile Werbung müsste sich ein Unternehmen hier absichern.

Die nächste Blase?

Wichtig für Facebook und Instagram und mögliche Käufer für Pinterest ist es, ein lukratives Geschäftsmodell aufzubauen, das die User nicht durch Hürden wie kostenpflichtige Accounts oder zu viel Werbung abschreckt. Gelingt das nicht, ist die nächste Tech-Blase zum Platzen nahe. (br, derStandard.at, 11.4.2012)