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Am 15. April 1912 sank die RMS Titanic nach ihrem unglücklichen Zusammentreffen mit einem Eisberg rund 550 Kilometer südöstlich von Neufundland binnen zwei Stunden und 40 Minuten auf den Meeresgrund. Pläne und Ideen zu Ortung und Bergung des Wracks existierten schon kurz nach dem Untergang des Schiffes. Doch die meisten davon waren geradezu utopisch oder schlicht zu kostspielig, um auch nur annähernd realisierbar zu sein. Es sollte über 73 Jahre dauern ehe die Überreste des Ozeanriesen wieder entdeckt wurden.

Grafik: APA

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Der US-amerikanischer Unterwasserarchäologe Robert Duane Ballard (im Bild) machte sich gemeinsam mit seinem Kollegen Jean-Louis Michel 1985 auf die Suche nach den Überresten der Titanic. Die Forscher setzten dafür ein Gerät namens "Argo" ein, das mit Sonar und Kameras ausgestattet über den Meeresboden geschleppt wurde. Finanziert wurde die Expedition von der US-Navy, für die Ballard im Gegenzug zwei gesunkene U-Boote aufspürte.

Foto: AP/Victoria Arocho

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Nach mehrmonatiger Suche gelang am 1. September 1985 die Sensation: Ballard und sein Team lokalisierten das Wrack der Titanic rund 25 Kilometer ostsüdöstlich jener Position, die man für das Schiff im Notruf am 15. April 1912 angegeben hatte. Da das riesige Schiff noch während des Untergangs zerbrach, verteilten sich die Bruchstücke in einer Tiefe von 3.800 Metern über eine Fläche von fast fünf Mal acht Kilometer.

Die obere Sonaraufnahme setzt sich aus insgesamt über 100.000 Einzelbildern zusammen, die Unterwasserroboter 2010 von der Stelle angefertigt haben.

Foto: Titanic Inc./AP/dapd

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Die beiden größten Trümmerstücke - der Bug und das Heck - trafen weit voneinander entfernt auf den Meeresboden. Das 140 Meter lange Bugteil bohrte sich beim Aufprall, der mit rund 35 Kilometer pro Stunde erfolgt sein dürfte, über 18 Meter tief in den Schlamm. Dieses Wrackstück der Titanic behielt weitgehend seine Form und ist bis heute zumindest in einem verhältnismäßig guten Zustand.

Foto: Titanic Inc./AP/dapd

Schwere Schäden trug der Bereich rund um die Brücke davon - hier ganz oben zu sehen. Eine Theorie geht davon aus, dass dies die Folge einer Wasserströmung sei, die durch das rasche Absinken von oben mit gewaltiger Kraft auf diese Sektion des Schiffes traf.

Foto: Erik Charlton

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Anders sieht es beim Heck (im Sonar-Bild links) aus: Der in rund 600 Meter Entfernung vom Bug liegende hintere Teil der Titanic ist durch die schnelle Flutung während des Untergangs weitgehend zerstört. Messungen aus dem Jahr 2010 ergaben, dass sich das Heck während des Absinkens zudem rasch um die eigene Achse drehte und schließlich mit dem Ruder voran auf dem Meeresboden aufschlug.

Foto: Titanic Inc./AP/dapd

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Nach der Lokalisierung des Wracks stattete Entdecker Ballard im August 1986 der Titanic in einem U-Boot persönlich einen ersten Besuch ab. Darauf folgten genauere Untersuchungen, die mit Hilfe des Tauchroboters "Alvin" durchgeführt wurden. In elf Fahrten von je vier Stunden erkundete Ballard das Schiff. 6.000 Fotos und 60 Stunden Videoaufnahmen entstehen dabei (im Bild: die vorderste Bugspitze der Titanic). Der Roboter wurde, vom U-Boot gesteuert, auch ins Innere gelenkt, um dort Aufnahmen zu machen.

Foto: Ralph White/AP/dapd

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Ballards Tauchfahrt folgten zahllose weitere von anderen Parteien – es setzte ein regelrechter Titanic-Goldrausch ein. Im Zuge dessen kamen über 5.500 Artefakte vom Grund des Atlantiks an die Oberfläche. Auch der US-Regisseur James Cameron (der Kanadier machte kürzlich mit einem Tauchgang zum Marianengraben von sich Reden) tauchte 1995/1996 für Dreharbeiten für seinen Blockbuster "Titanic" zum Wrack hinab. Im Bild ist eine der drei riesigen Schiffsschrauben zu sehen.

Foto: RMS Titanic Inc./dapd

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1998 wurde sogar ein Teil der Schiffswand (im Bild) vom Meeresboden geholt. Es ist mit 17 Tonnen bis heute das größte je geborgene Trümmerstück der Titanic und wird seither bei Ausstellungen öffentlich gezeigt.

Foto: RMS Titanic, Inc./AP/dapd

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Mittlerweile ist das Wrack der Titanic ein regelrechtes Touristen-Ziel geworden, was sich auch am Zustand der Umgebung rund um die Trümmer zeigt: Der Leiter des Programms für Kulturstätten im Meer der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde (NOAA), James Delgado, beklagt, dass der Meeresboden im Umkreis des Schiffswracks zur Müllhalde verkommt. Kein Müll sondern langsam verrostende Maschinenteile der Titanic sind hier zu sehen.

Foto: Reuters/DISCOVERY CHANNEL/RMS TITANIC.,INC.

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Rund 45.000 Euro pro Person kostet eine Reise in die Tiefe - ein Angebot, das nicht Wenige in Anspruch nehmen. Dabei hinterlassen die "Ausflügler" oftmals Plastikblumen, Gedenktafeln oder andere Andenken. "Es sieht aus wie an einer Unfallstelle auf der Autobahn. Die archäologische Stätte ist nicht mehr unverfälscht," meint auch Jamie Shreeve, der sich als Wissenschaftsredakteur der Zeitschrift "National Geographic" mit der Titanic beschäftigte.

Im Bild: Fenster zu Kabinen der Ersten Klasse.

Foto: APA/EPA/NATIONAL GEOGRAPHIC/EMORY KRISTOF

Dass daran der kürzlich beschlossene UNESCO-Status etwas ändern wird, bleibt fraglich. Ab 15. April 2012 nämlich soll das Wrack der Titanic durch die UNESCO-Konvention zum Schutz des kulturellen Erbes unter Wasser geschützt sein.

Die von einem Unterwasserroboter geschossene Aufnahme zeigt den Blick in Richtung Bug und einen Teil der vorderen Steuerbordseite.

Foto: Premier Exhibitions, Inc.-Woods Hole Oceanographic Institution

"Besitzer" des Wracks ist heute übrigens - jedenfalls nach US-Recht - das US-Unternehmen RMS Titanic Inc., deren Vorgängerfirmen bereits seit 1987 Expeditionen zur Titanic unternahm und dabei tausende Artefakte aus dem Meer holte. Das Unternehmen besteht nach einem andauernden Jahrzehntelangen Streit vor Gericht auf alle Berge- und Eigentumsrechte - zumindest so lange es noch etwas geben wird, das man besitzen kann.

Die Aufnahme zeigt, wie tief der Bugteil der Titanic im Boden steckt: Der Schlamm reicht an der Steuerbordseite bis zum Anker empor.

Foto: Premier Exhibitions, Inc.-Woods Hole Oceanographic Institution

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Der Zahn der Zeit nagt mit Höchstgeschwindigkeit an den Überresten der Titanic. Im vergangenen Jahrhundert hat die Natur beim Zerlegen des Wracks bereits ganze Arbeit geleistet: Deckplanken und andere Bestandteile aus Holz sind zum Großteil schon zersetzt. Und auch der metallene Rest wird über kurz oder lang das selbe Schicksal teilen. Untersuchungen haben gezeigt, dass eisenoxidierende Mikroorganismen dabei sind, das Wrack vollständig aufzulösen. Ihr Werk zeigt sich unter anderem an der Bildung von "rusticles", also Rostzapfen. Die von Ballard so bezeichneten Strukturen sind extrem zerbrechlich und zerfallen bei der kleinsten Berührung zu Staubwolken.

Hier ist der letzte verbliebene sogenannte Davit des Titanic-Wracks mit zahlreichen "rusticles" zu sehen. An diesen Kränen wurden die hölzernen Rettungsboote an der Bordwand herunter gelassen.

Foto: RMS Titanic Inc./dapd

In den 1980er Jahren war man davon ausgegangen, dass die Titanic nach höchsten 50 Jahren vollständig zerfallen sein wird. 1995 hat man dem Wrack noch 30 Jahre gegeben. Bei Tauchexpeditionen im Jahr 2003 konnte man bereits beobachten, dass das metallene Grundgerüst der großen Treppe im Bereich der Erste-Klasse-Kabinen auseinander gebrochen und in den Treppenschacht gestürzt war.

Bei Tauchfahrten mit Unterwasserrobotern konnte auch dieser Metallrahmen einer großen Oberlichte entdeckt werden. Er bildete den oberen Abschluss der großen Treppe oder der Treppe im hinteren Schiffsteil.

Foto: Institute for Exploration/University of Rhode Island

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Heute geht man davon aus, dass die unteren Decks das Gewicht der oberen Decks binnen fünf bis zehn Jahren nicht mehr werden halten können. Sobald diese Strukturen auseinander brechen, wird das Wrack seine heutige Form verlieren und in sich zusammenfallen.

Foto: RMS Titanic Inc./dapd

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Der heute 70-jährige Titanic-Entdecker Ballard hofft allerdings, dass sich das Wrack auch für die ferne Zukunft erhalten lässt. Der Meeresarchäologe schlägt vor, das Wrack mit Hilfe von Robotern zu reinigen und unter Wasser anzustreichen, so wie es bereits bei Supertankern praktiziert wird. Nach seiner Ansicht sei die Technologie dafür vorhanden. Dass die Idee in die Tat umsetzt werden könnte, gilt allerdings als unwahrscheinlich. Viel eher wird das berühmte Wrack in weiteren hundert  Jahren mehr oder weniger verschwunden sein, während die etwas dauerhaftere Badewanne des Titanic-Kapitäns Edward John Smith (hier im Bild) immer noch auf dem Grund des Atlantiks steht. (red, derstandard.at, 12.4.2012)

Foto: RMS Titanic Inc./dapd