Wien/Zürich - Ein kleiner Roma-Bub zielt mit einer Pistole in die Kamera, darunter prangt der Aufmacher: "Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz". Das Titelbild der aktuellen Ausgabe der Schweizer "Weltwoche" sorgt nicht nur in der Eidgenossenschaft, sondern auch in Österreich für Aufsehen - derStandard.at berichtete. Der Wiener Journalist Klaus Kamolz erstattete nun wegen "Verhetzung der Volksgruppe der Roma" Anzeige gegen das ehemals linksliberale, nunmehr aber rechtskonservative Schweizer Magazin.

Kamolz bestätigte am Samstag entsprechende Berichte des Zürcher "Tagesanzeigers" und der Wiener Tageszeitung "Die Presse" (jeweils Samstag-Ausgaben). Die Anzeige habe er nach Paragraf 283 des Strafgesetzbuches ("Verhetzung") gegen die "für den redaktionellen Inhalt verantwortliche Person" erstattet.

Bei der Weltwoche dürfte das der Verleger und Chefredakteur Roger Köppel sein. Laut Kamolz ist im vorliegenden Fall insbesondere Absatz 2 des Paragrafen 283 relevant, der eine "für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbare" Verhetzung, Beschimpfung oder Verächtlichmachung betrifft.

Für bösen "Hoax" gehalten

Er habe das im Internet kursierende Cover zunächst für einen bösen "Hoax" gehalten, so der Journalist: "Es hatte den Anschein, als wollte jemand zeigen, wozu die 'Weltwoche' fähig wäre, aber irgendwie hat dann die satirische Überhöhung doch gefehlt."

Daher habe er sich das Magazin gekauft und gesehen, dass es sich um keinen Internetscherz handelte. In Folge habe er die Anzeige erstattet. Welche rechtlichen Folgen diese Vorgangsweise nun nach sich ziehen werde, wisse er "auch nicht so genau", so der 48-jährige Journalist, der für Medien wie "Profil", "Trend", "Die Presse", "Der Standard" oder "Servus TV" tätig war bzw. ist.

"Ich habe aber öffentlichen Druck erzeugen wollen, und das ist mir offenbar gelungen", freute sich Kamolz am Karsamstag. Besonders "perfid" findet er aber die Geschichte, die hinter dem beanstandeten Foto steckt. Er habe herausgefunden, dass das Bild 2008 im Zuge eine Reportage über Roma im Kosovo entstanden sei. Dabei sei es um Roma-Familien gegangen, die auf einer Müllhalde leben und dort nach verwertbaren Sachen suchen, die sie dann zum Verkauf anbieten.

"Das Grindigste überhaupt"

"Ein kleines Roma-Kind, das noch nie in der Schweiz war, nie in der Schweiz sein wird, von dem man dreieinhalb Jahre später nicht einmal weiß, ob es noch lebt, dieses Roma-Kind richtet seine Waffe auf die Schweiz?", fragte sich Kamolz daher, um gleich selbst die Antwort parat zu haben: "Das ist das Grindigste überhaupt. Das ist der wahre Journalist Köppel."

Die "Weltwoche" war bis August 2001 unter Chefredakteur Fredy Gsteiger linksliberal positioniert gewesen, ehe dieser von Roger Köppel abgelöst wurde. Köppel (46) führte das Wochenmagazin seither mit einer fast vollständig neuen Redaktions-Mannschaft auf einen wirtschaftsliberalen und betont rechtskonservativen Kurs.

Am Ostersonntag wird der "Internationale Tag der Roma" begangen. Er erinnert an den ersten weltweiten Roma-Kongress am 8. April 1971 in London, bei dem die "Romani Union" als internationale Vertretungsorganisation der Volksgruppe gegründet wurde. Auch 31 Jahre danach ist die Situation der bis zu zwölf Millionen Roma in Europa weiterhin desolat: Nach Angaben der EU-Agentur für Menschenrechte gehören Roma zu den am meisten von Armut, Arbeitslosigkeit und Analphabetismus betroffenen Gruppen in Europa. (APA, 7.4.2012)