Die Finanzministerin wundert sich also, dass der "Pulk internationaler Medien hinter ihr her" gewesen sei, nur weil sie das Gipfelergebnis unbedingt vor Eurogruppenchef Juncker verkündet haben wollte - wohlgemerkt eh nur an "österreichische Medienvertreter". Die Unterscheidung lässt sich kaum anders deuten, als dass Fekter auch die Wirklichkeit in "österreichisch" und "international" aufteilt. Das verwundert: So wie die Euro-Beschlüsse Folgen nicht nur für den Rest der Welt, sondern auch für Österreich haben, so gibt es eben auch ein gemeinsames, internationales Interesse daran.

In Wahrheit ist sich Fekter dessen natürlich bewusst. Wie sonst käme sie auf die Idee, die Aufregung über ihre Aussagen just damit zu begründen, dass sie im Gegensatz zu anderen Finanzministern "konkrete Dinge und nicht nur rosarote Wolken" sagen würde? Inmitten des Eklats so mit der Wirkung der eigenen Indiskretion zu kokettieren und Kollegen pauschal als Schönredner abzukanzeln ist schon ein starkes Stück. Dass es einen Sinn hat, Europa in der Krise mit einer Stimme - jener des Eurogruppenchefs - sprechen zu lassen, kommt ihr offenbar nicht in den Sinn. Bis zur Geschäftsschädigung peinlich wird es freilich, wenn Fekter den Grund für Junckers Empörung auf angebliche Gesundheitsprobleme zu schieben versucht, statt selbst dafür einzustehen: Ungewissheit über die Handlungsfähigkeit des Eurogruppenchefs wirkt sich auf den Märkten ganz sicher nicht stabilisierend aus. (Severin Corti, DER STANDARD, 5.4.2012)