Mitten im Stadtpark Leonding bauen Einwohner ihr eigenes Obst und Gemüse an.

Foto: urbanfarm

Linz - Wenn man in Linz von einer Bausünde spricht, fällt einem unweigerlich das Harter Plateau ein. Zwei 20-stöckige Hochhäuser standen als Synonym für die verfehlte Wohnbaupolitik, möglichst viel Menschen auf möglichst wenig Fläche unterzubringen. Vor neun Jahren wurden diese Hochhäuser in der Linzer Vorortgemeinde Leonding gesprengt, an ihre Stelle traten Wohnblocks.

Nach wie vor ist die Siedlung dicht verbaut, Gärten bleiben Mangelware. Öffentliche Grünanlagen wie etwa den Stadtpark gibt es schon. Doch deren Rasenflächen würden nicht genutzt, fiel der Bewohnerin Johanna Klement auf. Sie gründete die Gruppe urbanfarm, um unter anderem mehr Leben in den öffentlichen Raum zu bringen. Voriges Jahr begann ihr Experiment " Garten-Labor".

Anfang Mai startete die Aktion, als vom Bauhof der Gemeinde die Beete in den öffentlichen Grünflächen umgegraben wurden. Drei davon erhielt urbanfarm für die Gemeinschaftsgärten. Einen Monat später waren die rund 150 Quadratmeter des "Garten-Labors" an 30 Teilnehmer aufgeteilt, die ihre paar Quadratmeter Beete selber biologisch bewirtschafteten - von der Aussaat bis zur Ernte. 

Kraut und Unkraut

"Einige haben reihenweise Kraut angebaut, andere Blumen. Manche waren ganz experimentell unterwegs, versuchten es mit verschiedenen Kartoffelsorten", berichtet Klement. Die Kleingärtner kamen meist täglich, um Unkraut zu jäten oder zu gießen, schnell sei eine Gemeinschaft entstanden. Klements Plan war damit aufgegangen. Leute, die zwar seit Jahren nebeneinander in den Wohnblocks leben, sich aber nicht einmal beim Namen kennen, knüpften Kontakte.

"Das Gärtnern entwickelte sich als verbindendes Element, auch zwischen den unterschiedlichen Kulturen und Nationalitäten", erklärt sie. Die anfänglichen Berührungsängste hätten sich schnell gelegt. Doch nicht nur der Gemeinschaftsgedanke und die Revitalisierung des öffentlichen Raums haben hinter der Idee des "Garten-Labors" gesteckt. "Ein wichtiger Aspekt war auch die Selbstversorgung als Beitrag zur Schonung der Umwelt" , betont die Initiatorin.

Idee stammt aus den USA

Neu ist die Idee jedoch nicht, dass Nachbarn zusammen Gemüse und Obst auf einer öffentlichen Fläche anbauen. Gemeinschaftsgärten entstanden bereits in den 1970er-Jahren vor allem in New York. Mittlerweile machen sie auch in Europa Schule. In Wien soll in jedem Bezirk ein solcher entstehen. Ihre Förderung steht auch im rot-grünen Wiener Regierungsübereinkommen .

Auch in Leonding wird das "Garten-Labor" nicht geschlossen, sondern verlegt. Die Gemeinde stellt heuer eine 250 Quadratmeter große Fläche zur Verfügung. Interessenten gibt es laut Klement mehr als genug. Die Warteliste sei lang. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, 5.4.2012)