Die hauchdünne, wenige Millimeter große Solarzellenfolie, aufgebracht auf einem elastischen und deformierten Untergrund.

Foto: Nature Communications/Johannes Kepler Universität Linz

Linz - Wissenschaftlern der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz und der Universität Tokio ist ein Durchbruch auf dem Gebiet der Solarzellentechnik gelungen: Die Forscher haben extrem flexible, dünne organische Solarzellen entwickelt, die trotzdem über eine hohe Leistungsfähigkeit verfügen. Die Forscher brachten die energieerzeugenden Elemente auf der momentan dünnsten Kondensatorfolie auf und schufen so Zellen, die im Vergleich zu ihrer Masse extrem gute Werte in der Stromerzeugung aufweisen. Aufgrund ihrer Flexibilität würde sich eine Vielzahl an möglichen Anwendungsgebieten ergeben, wie die JKU mitteilte. Die vielversprechende Entwicklung wurde nun in der Fachzeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht.

Die Linzer Forscher haben mit der Entwicklung dieser organischen Zelle "gezeigt, dass man damit Solarzellen machen kann, die nur mehr zwei Mikrometer dick sind", wie Siegfried Bauer vom Institut für Experimentalphysik erklärte. Bisher musste man aktive energieerzeugende Elemente auf dicke Trägermaterialien, sogenannte Substrate, aufbringen. Den Wissenschaftern ist es nun gelungen das Verhältnis des Energieerzeugers zum Substrat deutlich zu erhöhen.

Vier Gramm pro Quadratmeter

Das bisher dünnste Substrat war etwa so stark wie eine dickere Papierseite, so Bauer, "wir wollten einfach wissen, wie weit man damit heruntergehen kann". Deshalb habe man begonnen, mit Kondensatorfolien, die nur mehr ein Hundertstel der Dicke eines Blattes Papier haben, zu experimentieren. So sei es gelungen, die bisher dünnste und flexibelste Solarzelle zu entwickeln. Zwar können die organischen Solarzellen noch nicht mit der Leistung von Silizium-basierten Systemen mithalten. Die neuen Zellen wiegen aber nur vier Gramm pro Quadratmeter und erzielen daher sehr gute Werte im Vergleich zu ihrer Masse, nämlich zehn Watt pro Gramm. Das sei "weltweit unerreicht", so der Physiker Martin Kaltenbrunner, der das System im Rahmen seiner Doktorarbeit entwickelte und erprobte.

Ein entscheidender Vorteil sei auch, dass die Zellen "mechanisch dehnbar" sind, so Bauer. Das eröffne eine Reihe neuer Möglichkeiten, da man sie auch auf elastischen Materialien wie Gummiunterlagen aufbringen könne, ohne dass ihre Funktion dadurch beeinträchtigt wird.

Große Anwendungsvielfalt

Prinzipiell sei ein Einsatz überall dort denkbar, wo dehnbare Schaltkreise Vorteile bringen. In Zukunft sei es mit Hilfe der neuen Zellen vielleicht möglich, "komplette elektronische Systeme zu bauen, die Spannungserzeugung beinhalten", auch Anwendungen in Energiespeichereinheiten, wie Batterien, sowie bei der Entwicklung synthetischer Haut mit integrierten Sensoren und in der Robotik seien denkbar.

Weitere Denkansätze würden in Bereiche führen, "wo man normalerweise gar nicht dran denkt, dass man da Elektronik hineinbringen kann", wie etwa in Textilien. Für manche Anwendungen "ist unsere Fantasie momentan, wahrscheinlich sogar noch zu begrenzt. Das heißt, wir setzen das Ei in die Welt und dann kommen noch viele andere, die dann noch auf viel Spannendes kommen - und dann wird's lustig", so Bauer.

Kaltenbrunner wird im Mai als Post-Doc an die Universität Tokio wechseln, das werde auch die Kooperation mit der japanischen "Top-Forschungsgruppe" von Takao Someya in Zukunft weiter verstärken. Bauer selbst wurde im vergangenen Jahr ein mit rund 2,5 Mio. Euro dotierter "Advanced Grant" des Europäischen Forschungsrats (ERC) zuerkannt. (APA/red, derstandard.at, 3.4.2012)