Mountain Wolf in Aigen im Mühlkreis ist die größte Schlittenhundefarm Europas.

Foto: derStandard.at/Bianca Blei

Danny und Daisy (im Hintergrund) begrüßen Geschäftsführer Daniel Pühringer.

Foto: derStandard.at/Bianca Blei

Danny rauft gerne, stellt sich dabei aber taktisch unklug an.

Foto: derStandard.at/Bianca Blei

Alaskan Husky Daisy setzt hingegen auf Charme und hat es damit bis zur Leithündin gebracht.

Foto: derStandard.at/Bianca Blei

30 Schlittenhunde leben insgesamt auf der Farm.

Foto: derStandard.at/Bianca Blei

Bei der Auswahl werden vor allem alte Rassen gesucht.

Foto: derStandard.at/Bianca Blei

Daher leben sogar Nachfahren der legendären Grönlandhunde von Roald Amundsen im Böhmerwald.

Foto: derStandard.at/Bianca Blei

Neben dem Hausbier "Wolfsblut" gibt es auch einen eigenen Wodka von Mountain Wolf.

Foto: derStandard.at/Bianca Blei

Ein Duell, das in die Geschichte der Forschung einging: Im frühen 20. Jahrhundert wetteiferten der Norweger Roald Amundsen und der Brite Robert Scott, wer als Erster den geografischen Südpol erreichen kann. Im Gegensatz zu seinem Konkurrenten setzte Amundsen auf Schlittenhunde: 100 Grönlandhunde hatte er bei der Expedition dabei. Die ausdauernden Tiere sollen schließlich der ausschlaggebende Grund gewesen sein, dass die Norweger im ewigen Eis erfolgreich waren.

Zwei Nachfahren dieser Grönlandhunde leben mehr als hundert Jahre später auf einer Schlittenhundefarm im Ort Aigen mitten im Böhmerwald im Mühlkreis. Vor fast zehn Jahren wurde die Mountain Wolf Farm von Martin Mahringer gegründet. Das Rudel bestand damals aus sieben Huskys und dem Wolfhund Buck. Mittlerweile sind es 30 Hunde, mit deren Hilfe sich die Besucher einmal wie Polarforscher fühlen können.

Die Farm liegt auf fast 1.000 Meter Seehöhe, daher liegt viele Monate lang eine dichte Schneedecke. Mit speziellen Wagen kann aber auch in den warmen Monaten ausgefahren werden. Neben Familien und SchülerInnen besuchen oft Firmen die Farm. Bei der Ausfahrt mit dem Schlitten werden die Gäste zu sogenannten Mushern, die das Gespann lenken. Zertifizierte Schlittenhundeführer begleiten die Gruppen. "Da zeigt sich, wer Führungsqualität hat", sagt Geschäftsführer Daniel Pühringer. Nicht immer gefalle den Teilnehmern, was dabei ans Tageslicht tritt. Er erzählt von einem Arzt, der eine große Abteilung in einem Krankenhaus leitet, dessen 14-jährige Tochter bei den Hunden aber mehr Führungsqualität bewiesen habe.

Weibliche Führungskräfte

Auch im Hunderudel gibt es eine fixe Hierarchie, in der man nicht unbedingt durch Stärke aufsteigen kann. Erst nach rund vier Jahren bilden sich Anführer und Mitläufer heraus. Die Gehege sind in Teams eingeteilt, die zwei bis maximal sechs Hunde umfassen, damit nicht zu viele Rangkämpfe entstehen. Manche Hunde verstehen es, die anderen auf subtile Weise um sich zu scharen, erzählt Pühringer.

Alaskan Husky Daisy, deren schwarze Zeichnung am Kopf an einen Ritterhelm erinnert, erscheint im Kontrast zu den Rüden ihrer Rasse eher zart gebaut. Sie habe eine raffinierte Karrieretaktik verfolgt, erzählt Pühringer: Im wahrsten Sinne des Wortes habe sie sich bei den anderen Tieren eingeschleimt. "Sie hat den älteren Hunden immer die Lefzen geleckt und irgendwann sogar aus ihren Futternäpfen mitfressen dürfen", berichtet der Mountain-Wolf-Mitarbeiter.

Irgendwann habe sich das Verhältnis umgedreht: Jetzt ist sie eine Leithündin. Ein Weibchen in einer Spitzenpositionen sei bei den Schlittenhunden keine Seltenheit, wie der Musher berichtet. Daisys körperlich größerer Gehegekollege Danny "ist ein Raufer", sagt Pühringer und tätschelt ihm die vernarbte Schnauze. Seine Energie nutzt Danny jedoch meist politisch ungeschickt, daher ist ihm Daisy auch überlegen.

Sanfte Wolfsjäger

Auch bei Faylan und Gwen, den knapp einjährigen irischen Wolfshunden, würde ein Laie eigentlich auf den ersten Blick erwarten, dass sie dominant sind. Doch die zwei Kolosse - sie sind Vertreter der größten Hunderasse der Welt, die eine Schulterhöhe von bis zu einem Meter erreichen kann - sind "eher schüchtern und eigenwillig", wie Pühringer berichtet.

Wenn sie auf die quirligen tschechoslowakischen Wolfshunde treffen, die bis zu 90 Prozent Wolfsanteil haben, halten sie sich im Hintergrund. Wegen seiner Sanftmütigkeit wird der irische Wolfshund, der im 16. und 17. Jahrhundert sogar zur Bären-, Wolfs- und Elchjagdjagd eingesetzt wurde, heute gerne als Familienhund gehalten. Von der ehemaligen "Feindschaft" zwischen Wolf und Wolfshund ist in Aigen jedoch nichts mehr zu bemerken.

Sorgsame Auswahl

Die Eigenarten und Macken der Hunde werden auf der Farm respektiert und bei der Auswahl der Teams berücksichtigt. "Elvis ist ein Wildfang", sagt Pühriger und zeigt auf einen aufgeregt auf den Hinterbeinen am Zaun stehenden norwegischen Husky. Sein Mitbewohner Jack zeigt kein Interesse an dem menschlichen Besuch seiner Anlage und bleibt unbeeindruckt liegen. "Dass er einmal auf einem Plakat einer Werbekampagne war, ist ihm zu Kopf gestiegen", scherzt der Geschäftsführer.

Neue Hunde werden von Mahringer und seinem Team daher sorgsam ausgesucht, um die eingeschworene Hundegemeinschaft nicht zu stören. Entgegen den Erwartungen kommt es bei den Rassehunden aber nicht auf den Preis an. Es gebe Hunde, für die am Markt bis zu 14.000 Euro bezahlt werden, manche Hunde kommen aber über Umwege auch fast kostenlos auf die Farm. Lange Wege scheuen die Musher nicht, wie Mahringer berichtet: "Für einen Hund sind wir dreimal 900 Kilometer nach Tschechien gefahren. Zuerst zur Begutachtung, dann zur Auswahl und schließlich zum Abholen."

Problematische Züchtungen

"Das liegt daran, dass wir auf jeden Fall den Mutterhund sehen wollen", sagt der Mountain-Wolf-Gründer. Er weist auf das Problem hin, dass immer öfter problematische Züchtungen als Schlittenhunde deklariert werden. Bei dem Thema wird der Hundekenner ärgerlich: Er zeigt auf Bilder in Fachzeitschriften, die Muskelberge mit Fell und überproportional kräftigen Kiefern zeigen. Sie unterscheiden sich schon optisch deutlich von den zähen Laufhunden auf der Farm, ihnen fehle aber auch oft das ausgeglichene Gemüt, sagt Mahringer.

Für diese Züchtungen werden etwa Afghanen mit Pitbulls gekreuzt. "Leider wird medial alles in einen Topf geworfen, auch wenn es zu Beißattacken gegen Menschen kommt. Wir nehmen nur alte Rassen, daher der große Aufwand bei der Auswahl", erklärt er.

Bewegungstrieb wird ausgelebt

Bald beginnen Umbauarbeiten auf der Mountain Wolf Farm, die Gehege sollen auf den neuesten Stand gebracht werden. Die Tiere werden zum Beispiel eine größere überdachte Trockenfläche bekommen. Beraten wird Mountain Wolf, wie auch bei anderen Aspekten, von der VetMed in Wien.

Eines ist Pühringer wichtig hervorzuheben: "Die Hunde werden hier nicht zum Arbeiten gezwungen, sondern können ihren Bewegungstrieb vollkommen ausleben. Ein Husky in der Stadt am Balkon ist arm." Trainierte Huskys können zum Beispiel bis zu zwölf Stunden am Tag laufen. Freiwillig gehen Schlittenhunde nicht in den Ruhestand, berichtet der Musher: "Lässt man sie, laufen die Schlittenhunde bis zum letzten Tag." (Julia Schilly, derStandard.at, 12.4.2012)