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Als er vor einem Jahr sein Amt als erster ziviler Staatschef von Burma seit 1962 antrat, dachten die meisten aus- und inländischen Beobachter, die Reformversprechen des Mannes seien bloß die übliche Propaganda der Junta. Man glaubte, sein Anzug sei nur das Mäntelchen, das den Militär in ihm verdecken sollte. Doch spätestens nachdem sich Thein Sein im August 2011 mit der 15 Jahre lang eingesperrten Kämpferin für Demokratie und Freiheit, der Friedensnobelpreisträgerin Aung Sang Suu Kyi, traf, nahm man auch im Westen die Öffnung und Demokratisierung ernst, die von diesem 66-jährigen herzkranken Mann ausgeht.

Die Zusammenarbeit mit Suu Kyi, die in Burma wie eine Heilige verehrt wird, gab Thein Sein in seiner Heimat und im Ausland Glaubwürdigkeit. US-Außenministerin Hillary Clinton besuchte Thein Sein im Dezember. Er erfüllte bisher die Vorgaben für die Aufhebung der westlichen Sanktionen, entließ politische Häftlinge und schloss einen Waffenstillstand mit Rebellengruppen. Und er stoppte ein Riesenstaudammprojekt der Chinesen am Irrawaddy. Der Strom sollte zu 70 Prozent nach China gehen. Thein Sein schien diese Abhängigkeit zu groß, er will sein Land auch wirtschaftlich stärker an den Westen anbinden.

Der Sohn eines buddhistischen Mönchs wurde im Irrawaddy-Delta geboren. Als ein Wirbelsturm im Jahr 2008 ganz Dörfer zerstörte und 130.000 Menschen das Leben kostete, war Thein Sein verantwortlich für das Katastrophenmanagement seines Landes. Der General mag damals vom Hubschrauber aus wohl die Diskrepanz zwischen dem, was das System versprach und der Realität gesehen haben.

Doch niemand hätte dem Mann, der innerhalb der Junta still aufstieg und als wenig ehrgeizig und charismatisch gilt, diesen Reformgeist zugetraut. Seinen Aufstieg vom Premier (seit 2007) zum Präsidenten und Chef der Regierungspartei USDP hat er Langzeitdiktator Than Shwe zu verdanken. Dieser hat wohl den kontrollierten Systemwechsel eingeleitet, auch um Aufstände zu verhindern. Der Aufstand der Mönche, der Unmut der Kleinunternehmer, die beißende Armut mögen das Umdenken begleitet haben. Nun will Thein Sein, der selbst als "clean", also nicht korrupt, gilt, mehr Geld in Gesundheit und Bildung stecken und das Arbeitsrecht reformieren. "Wir haben noch viel mehr zu tun", sagte der verheiratete Vater von drei Töchtern kürzlich im Fernsehen. (Adelheid Wölfl /DER STANDARD, Printausgabe, 3.4.2012)