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Man stelle sich vor, Kanzler Werner Faymann stünde von heute auf morgen nicht mehr zur Verfügung: Könnte die SPÖ dann leicht Ersatz finden? Ja, sagen 64 Prozent der Wahlberechtigten in einer neuen Market-Umfrage. In einer Vergleichsumfrage vom Herbst 2010 meinten nur 54 Prozent, Faymann wäre leicht austauschbar.

Das ist nicht unbedingt ein negativer Befund, sagt Werner Beutelmeyer vom Market-Institut: In der Wirtschaft würde es zu den Sorgfaltspflichten des Managements gehören, für den eventuellen Abgang des obersten Chefs Überlegungen anzustellen und Führungsreserven bereitzuhalten.

In der Politik aber kommen Führungsreserven - soferne sie öffentlich als solche identifiziert sind - rasch in den Geruch, für Unfrieden in der Partei zu sorgen; zu illoyalem Verhalten und kritischen Aussagen werden solche Personen dann regelrecht gedrängt. Und das wird dann wiederum als Streit in der Partei kolportiert.

Partei wird als zerstritten gesehen

Wird die SPÖ also als einige oder als zerstrittene Partei erlebt? Hier hat sich im Vergleich zum Herbst 2010 ein deutlicher Wandel ergeben: Damals bezeichneten 56 Prozent der Österreicher die SPÖ als einig und 32 Prozent als zerstritten - heute ist das umgekehrt. 57 halten die SPÖ für eine zerstrittene Partei, 38 Prozent sehen sie als einig und geschlossen. Wobei die Geschlossenheit vor allem das Selbstbild reflektiert - Geschlossenheit nehmen mehrheitlich nur erklärte SP-Wähler wahr.

Relevant in diesem Zusammenhang: Hat die Partei einen unumstrittenen Spitzenkandidaten mit breitem Rückhalt oder eher einen umstrittenen Spitzenkandidaten? Amtsinhaber Werner Faymann gilt 51 Prozent als Kandidat mit breitem Rückhalt, ein nur geringer Rückgang gegenüber der Vergleichsumfrage.

Rückhalt für Faymann bei Jungen und Frauen

Etwa drei Viertel der SPÖ-Wähler halten Faymann für unumstritten, etwa gleich viele würden Faymann auch direkt wählen. Starker Rückhalt für den Kanzler wird auch von den besonders jungen Befragten angenommen, ebenso von Frauen. Männer und Senioren, FPÖ-Wähler und Grüne sind da eher skeptisch. Auffallend ist, dass die SPÖ von allen Parlamentsparteien als jene gesehen wird, der am ehesten altgediente Politiker zugeordnet werden - dass junge, unverbrauchten poli tische Talente eine Chance bekämen, traut der SPÖ nur jeder fünfte Befragte zu.

Klarerweise braucht ein Kanzler auch Berater - Bruno Kreisky hat diesen ja teilweise Kultstatus verliehen. Und Nachfolger Faymann? Der SPÖ-Chef kann sich nach Ansicht von 61 Prozent der Befragten (Herbst 2010: 69 Prozent) auf Experten, die der Partei nahestehen und sie inhaltlich unterstützen, verlassen.

Unter Fachleuten ist zwar umstritten, ob es für eine Partei - ähnlich wie für ein Unternehmen - heute noch wichtig ist, ständig erreichbare Funktionäre zu haben; die SPÖ jedenfalls hat sie. (cs, DER STANDARD, 2.4.2012)