Gabriela Moser fordert strengere Gesetze und eine neue Geschäfts- ordnung für den U-Ausschuss. Derzeit setzen die Regierungsparteien alles daran, Kontrolle zu verhindern.

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STANDARD: Sie sind Jägerin, gehen aber nicht jagen. Warum nicht?

Moser: Weil ich überhaupt keine Zeit habe. Und inzwischen habe ich eine Jagdgesellschaft kennengelernt, die ist wirklich jenseits, muss ich sagen. Wenn ich da jemals drinnen aufgetaucht wäre - du lieber Schwan!

STANDARD: Warum haben Sie überhaupt den Jagdschein gemacht?

Moser: Den habe ich mir zu meinem 50. Geburtstag geleistet. Dafür gab es auch ökologische Hintergründe, der Wildverbiss soll ein großer Schaden für den Wald sein. Außerdem hat das bei mir in der Familie eine ganz starke Tradition, mein Vater, die Großväter und Urgroßväter waren allesamt Jäger. Da war es für mich als Frau eine besondere Herausforderung, in diese männerbündische Struktur einzubrechen.

STANDARD: Und Sie waren nicht ein Mal jagen?

Moser: Nein. Ich wurde zweimal zu einer Treibjagd eingeladen, aber da hatte ich auch keine Zeit.

STANDARD: Alfons Mensdorff-Pouilly hat Sie nie eingeladen?

Moser: Nein. Obwohl ich mit seiner Frau Maria Rauch-Kallat in Südafrika war. Aber das war beruflich.

STANDARD: Darf sich ein Politiker auf eine Jagd einladen lassen?

Moser: Ja, wenn er dafür zahlt.

STANDARD: Darf er sich auf Abschüsse einladen lassen?

Moser: Nein. Da erhält man eine Gefälligkeit, und der Sinn von Gefälligkeiten ist ja, dass man diese dann wieder ausgleicht. Eine Gefälligkeit auf der einen Seite impliziert eine Gefälligkeit auf der anderen Seite. Das ist ja der Sinn. Und insofern sind diese Jagdeinladungen höchst problematisch.

STANDARD: Derzeit wird diskutiert, die Grenze für ein Anfütterungsverbot mit 100 Euro festzulegen. Wie sehen Sie diesen Wert?

Moser: Mir erscheinen 100 Euro zu hoch. 50 Euro reichen durchaus.

STANDARD: Da geht sich aber nicht einmal mehr ein Murmeltier aus.

Moser: Nein, geht sich nicht aus. Da dürfen Sie dann nicht einmal bei einer Einladung im Kaffeehaus über die Stränge schlagen. Zumindest nicht bei den Preisen in Wien.

STANDARD: Also hätte Platter die Jagdeinladungen nicht annehmen dürfen?

Moser: Wenn das Anfütterungsverbot in dieser Form beschlossen wird, selbst mit einem Wert von 100 Euro, hätte er das nicht annehmen dürfen. Aber eigentlich brauche ich gar nicht lange nachzudenken, um zu wissen, dass man so etwas nicht annimmt.

STANDARD: Die Grünen sind die einzige Partei, die sich offenbar gar nichts zuschulden kommen hat lassen, dennoch können sie das in der Wählergunst schwer umsetzen. Was läuft da schief?

Moser: Ich bin überzeugt, dass sich un-sere Arbeit bei der nächsten Wahl po- sitiv niederschlagen wird. Aber wir werden diesen Umstand noch sichtbarer machen, wir müssen das besser kommunizieren. Wir haben auch vor, ein Volksbegehren zum Thema Parteienfinanzierung einzuleiten, um unseren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen.

STANDARD: Da ärgert sich Ihr Parteifreund Johannes Voggenhuber ganz besonders drüber. Voggenhuber ist Mitinitiator des Demokratiebegehrens MeinOE. Die Neuordnung der Parteienfinanzierung ist ein wesentlicher Teil dieses Volksbegehrens, die Grünen haben ihre Unterstützung zugesagt. Stattdessen starten sie jetzt ein eigenes Volksbegehren. Wozu?

Moser: Für uns ist das ein Druckmittel, um die Verhandlungen voranzutreiben. Wenn die Regierung bis zum Sommer kein strenges Parteienfinanzierungsgesetz auf die Beine bringt, dann kommt von uns dieses Volksbegehren. Und es ist für uns natürlich auch eine Möglichkeit, sichtbarer zu werden. Wir unterstützen immer wieder intensiv Anliegen und Initiativen der Zivilgesellschaft, und dann heißt es: Wo sind eigentlich die Grünen? Also müssen wir besser und öffentlich dokumentieren, was wir leisten. Natürlich wollen wir mit dem Demokratievolksbegehren kooperieren, aber wir müssen auch unser Alleinstellungsmerkmal als saubere Partei dokumentieren. Da werden wir alle Möglichkeiten wahrnehmen.

STANDARD: SPÖ und ÖVP sabotieren den U-Ausschuss von innen heraus. Die Opposition bringt ihre Zeugen nicht mehr durch. Wie geht das weiter?

Moser: Jetzt ist es leider so, dass der Ausschuss auf Mehrheitsbeschlüsse zurückgedrängt wird, also bestimmen die Regierungsparteien. Das ist unbefriedigend. Ich verstehe den Kurs der ÖVP überhaupt nicht mehr. Angst ist der schlechteste Ratgeber. Aber so läuft es derzeit.

STANDARD: Wie werden Sie darauf reagieren?

Moser: Es wird auf jeden Fall nach Ostern eine Sondersitzung geben, in der die Nichtladung von wesentlichen Auskunftspersonen thematisiert wird. Wir werden den ganzen Sachverhalt, den Fluss von Telekom-Geldern in Richtung ÖVP, eben breit im Parlament politisch diskutieren.

STANDARD: Wie argumentiert die ÖVP ihren Boykott?

Moser: Werner Amon sagt, die ÖVP war schon genug im Scheinwerferlicht, jetzt reicht es. Dabei sind die aktuellsten Fälle, jene, in die auch Abgeordnete und eben er selbst involviert sind, noch gar nicht besprochen worden. Das geht doch nicht, dass da jetzt auf einmal der Vorhang fällt.

STANDARD: Gibt es da Absprachen zwischen den Regierungsparteien?

Moser: Na ganz massiv! Die ÖVP will nicht, dass der ganze Umfang der Geldflüsse in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Und Hannes Jarolim, der Fraktionsführer der SPÖ, hält für Amon den Kopf hin.

STANDARD: Wie tun Sie sich eigentlich mit Ihrer Doppelrolle als Ausschussvorsitzende, wo Sie eigentlich neutral agieren sollten, und als Abgeordnete der Grünen?

Moser: Ich versuche das Gleichgewicht zu wahren und die Rollen zu trennen. Einmal agiere ich als Vorsitzende, da bin ich sehr zurückhaltend, da hänge ich mein grünes Mäntelchen zwischendurch an den Haken. Wenn ich aber das Ganze bewerte, dann beziehe ich immer sehr explizit Partei. Bei der politischen Bewertung spreche ich als Grüne.

STANDARD: Wie tun Sie sich mit Ihrem Kollegen Peter Pilz, der ja einen sehr ausgeprägten Hang zu medialer Darstellung und öffentlichen Inszenierungen hat?

Moser: Wir haben beide unsere Rollen. Die sind sehr unterschiedlich. Aber ich tu mir relativ leicht damit. Und wenn sich Pilz nicht an die Regeln hält, muss er eben meine Ermahnung erdulden und sich daran orientieren. Aber im Großen und Ganzen spurt er, muss ich sagen.

STANDARD: Wie kommen Sie mit dieser Männer-Partie zurecht? Das sind ja sehr ausgeprägte Egos im Ausschuss, lauter Alphatiere.

Moser: Ganz ehrlich: Manchmal komme ich mir vor wie Konrad Lorenz. Ich betreibe Verhaltensstudien im Ausschuss.

STANDARD: Was sind denn die dringendsten Gesetzesvorhaben, die Ihrer Meinung nach umgesetzt werden müssten?

Moser: Das Parteienfinanzierungsgesetz, das Anfütterungsverbot für Politiker und die Änderung des Korruptionsstrafrechts. Ganz zentral ist auch die Änderung der Geschäftsordnung im Untersuchungsausschuss, die muss unbedingt reformiert werden. Jetzt haben wir die Situation, dass die Regierung mit ihrer Mehrheit die Kontrolle zu verweigern versucht. Die Kontrollmöglichkeiten müssen ein Minderheitsrecht werden. Die Verhandlungen waren schon fast abgeschlossen, dann hat die SPÖ das gekippt. Faymann hatte Angst vor zu vielen Untersuchungsausschüssen.

STANDARD: Wird Karl-Heinz Grasser ins Gefängnis gehen?

Moser: Die Wahrscheinlichkeit steigt mit jedem Tag. (DER STANDARD, 31.3./1.4.2012)