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"Goethe war gut, Mann, der konnte reimen, wenn ich es versuch, schwitz ich Wasser und Blut, und ich merke es jedesmal: Goethe war gut!" Goethe-Denkmal in Weimar.

Foto: AP / Jens Meyer

Wer darf heutzutage noch seine Kinder oder Enkel darüber aufklären, dass Goethes Hauptwerk nicht mit den berühmten Worten des "Faust"-Monologs einsetzt - "Habe nun, ach, Philosophie, / Juristerei und Medizin, / Und leider auch Theologie / Durchaus studiert, mit heißem Bemühn. / Da steh ich nun, ich armer Tor! / Und bin so klug als wie zuvor ..." - sondern mit dem "Vorspiel auf dem Theater", dem "Prolog im Himmel" und dem vorangesetzten Zueignungs-Gedicht: "Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten, / Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt. / Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten?"

Nein, Fragen dieser Art sind unerlaubt und die Kinder und Enkel würden den akademisch "verdorbenen", sprich mit unnützem Wissensballast beschwerten Vater oder Großvater auslachen: "Typisch Opa!" Und doch sind wir von Goethe umgeben, auf Schritt und Tritt, auch außerhalb des Theaters, der Bibliotheken, der Buchhandlungen, der Universitätsinstitute und der Lesebücher.

Der Goethe-Trip könnte am Wiener Opernring mit dem Goethe-Denkmal (enthüllt am 15. Dezember 1900) beginnen, und von hier zu zwölf weiteren Goethe-Denkmälern im deutschen Sprachraum führen - nach Berlin, Darmstadt, Frankfurt a. M., Jena, Leipzig ... und natürlich an seinen Wohnort Weimar mit gleich zwei auf Goethe bezogenen Denkmälern. Es gibt aber auch neun Goethe-Denkmäler in Tschechien und acht in den Vereinigten Staaten.

Eine Art Goethe-Stadt ist auch das "Goetheanum" in Dornach bei Basel, dem Weltzentrum der Anthroposophie, von Rudolf Steiner, selbst ein leidenschaftlicher Goethe-Verehrer und Kenner, gegründet. Einen Höhepunkt in der theaterpraktischen Umsetzung konnten wir mit Peter Steins "Faust"-Projekt erleben, das später auch in das Programm der Salzburger Festspiele Eingang fand. Stein inszenierte den ungekürzten Faust mit 12.110 Versen ("Faust I" und "II") für die Expo 2000 in Hannover. Der Olympier ist keineswegs mausetot, auch wenn sich Egon Friedell schon vor langem in seinem berühmten Sketch "Goethe" über die übertriebene, beckmesserische Goethe-Anhimmelung im nun ausgestorbenen deutschsprachigen "Bildungsbürgertum" lustig machte.

Ich will den kleinen vorösterlichen Goethespaziergang mit den Worten einer deutschen Buchhändlerin, die sich dann allerdings den Hass deutscher Germanisten zugezogen hat, und ihrer selbstgestellten Frage beenden: "Warum zu viel Goethe in der Schule schadet?" Sie antwortete: "Goethe zu lesen ist ein Genuss. Aber nicht, weil er ein Klassiker ist, sondern weil die Genauigkeit und der Reichtum der Sprache bis heute überwältigt. Goethe in der Schule zu lesen, ist eine Qual. Deutsch in der Oberstufe war ein einziges bürgerliches Trauerspiel. Schullektüre ist immer gehasst. Sie gilt als mühsam, riecht nach Arbeit und ist vergnügungsfrei." "Das habe ich in der Schule gelesen", wird oft verachtend ausgesprochen. Da hat es Goethe schwer, da hätten es aber auch Thomas Bernhard und John Updike schwer ...

Am 22. März 2012 hat sich Goethes Todestag zum 180. Mal gejährt. Ich hoffe, dass jeder Leser dieser Gedanken bis zur Wiederkehr seines Geburtstages am 28. August (geb. 1749 in Frankfurt a. M., im Haus "Zu den drei Leiern" am Großen Hirschgraben) ein Gedicht, einen Roman, ein Theaterstück, einen Brieftext oder eine Abhandlung Goethes (wieder-)genossen haben wird! Dazu wünsche ich viel Lese- und (Wieder-?)Entdeckungsfreude! Man sollte sich mit Goethe nicht nur an seinen Todes- und Geburtstagen beschäftigen! Man sollte sich Zeit für Goethe nehmen.

Hier einige Fragen,
an denen die Leser Ihre Goethe-Kenntnisse überprüfen mögen:

  • 1) Welche Lieblingsblume hatte Goethe?
  • 2) In welchem Text verewigte Goethe die österreichische Schauspielerin und Tänzerin Marianne von Willemer (1784-1860), die als einzige seiner Musen sogar Mitautorin seines Werkes war?
  • 3) Welche Fremdsprache beherrschte Goethe nicht?
    a) Französisch
    b) Italienisch
    c) Russisch
  • 4) Welches Studium absolvierte Goethe in Leipzig und Straßburg?
    a) Germanistik
    b) Theaterwissenschaft
    c) Jus
  • 5) Wer war Lotte?
    a) Die jüngste Schwester Goethes
    b) Eine Figur aus Goethes Faust
    c) Die Angebetete Werthers
  • 6) In welcher Stadt lebte Goethe die meiste Zeit seines Lebens?
    a) Frankfurt
    b) Weimar
    c) Leipzig
  • 7) Welchen Kurort besuchte Goethe zwischen 1785 und 1823 insgesamt dreizehn Mal?
  • 8) Wen bezeichnete Goethe als seine "Seelenfreundin", mit der ihn von 1775 bis 1786 eine platonische Freundschaft verband?
  • 9) Wie lange schrieb Goethe angeblich an seinem ersten Roman?
    a) Nur vier Wochen
    b) Gut ein Jahr
    c) Mehr als zwei Jahre
  • 10) Wie lauteten Goethes letzte Worte, ehe er am 22. März 1832 gegen 11 Uhr 30 Uhr vormittags im Beisein seiner Angehörigen und des Arztes starb?
  • 11) Von welcher eigentlich nicht erlaubten Aktivität ist bekannt, dass Goethe sie öfter praktizierte?
    a) Kleine medizinische Eingriffe
    b) Nächtliche Zauberei
    c) Öffentliches Nacktbaden
  • 12) Was löste 1774 Goethes leidenschaftliches Kultbuch "Die Leiden des jungen Werthers" mit dem "Wertherfieber" in der damaligen Gesellschaft aus? Viele
    a) Hochzeiten
    b) Geburten
    c) Selbstmorde
  • 13) Als berühmter Goethe-Spruch im Poesiealbum findet sich der Gedichtanfang: "Edel sei der Mensch, ...
    a) ... demütig und fromm"
    b) ... hilfreich und gut"
    c) ... fleißig und arbeitsam"
  • 14) Welcher beliebte Entertainer und Showmaster war der Interpret des Liedes "Goethe war gut?"
    a) Vico Torriani
    b) Rudi Carrell
    c) Jürgen von der Lippe

Antworten

  • 1) Die Rose liebte Goethe besonders. Mit den einleitenden Worten "Sah ein Knab' ein Röslein steh'n" verewigte er sie 1771 in seinem Gedicht "Heidenröslein", das auf einem Volkslied beruht.
  • 2) Nach ihren Begegnungen 1814 und 1815 verewigte Goethe die Frau im "Buch Suleika" seines Spätwerks "West-östlicher Diwan". Sie ist der weibliche Part in dem geschilderten Liebeszwiegespräch und hat die sinnlichen Verse teilweise selbst verfasst.
  • 3) Goethe hatte Französisch, Italienisch und Latein gelernt und Grundkenntnisse in Englisch und Griechisch. Doch für orientalische und slawische Sprachen wie Russisch benötigte er Übersetzungen.
  • 4) Im Oktober 1765 begann Goethe auf Wunsch seines Vaters ein Jura-Studium, das er 1771 in Straßburg abschloss.
  • 5) Lotte war für Werther unerreichbar, weil sie mit seinem Freund Albert verlobt war. Ihr Vorbild war Charlotte Buff (1753-1828), die Braut seines Freundes Christian Kestner, in die sich Goethe 1772 unglücklich verliebte.
  • 6) Von 1775 an lebte Goethe bis zu seinem Tod 1832 in Weimar, das er nur anlässlich einiger Reisen verließ. In Frankfurt verbrachte er Kindheit und Jugend, in Leipzig einen Teil der Studentenzeit.
  • 7) Immer wieder fuhr er im Sommer zu Trink- und Badekuren nach Karlsbad in Böhmen. Dies war einer der mondänsten Badeorte der damaligen Zeit.
  • 8) Charlotte von Stein (1742-1827) war Hofdame bei Anna Amalia und seit 1764 mit dem herzoglichen Stallmeister verheiratet, mit dem sie sieben Kinder hatte. Sie übte einen starken Einfluss auf Goethe aus, doch seine Reise nach Italien beendete die Beziehung.
  • 9) In der kurzen Zeit von lediglich vier Wochen schrieb Goethe 1774 seinen erfolgreichen Roman "Die Leiden des jungen Werthers".
  • 10) "Mehr Licht!" sollen die letzten legendären Worte Goethes gewesen sein, auch wenn sie offiziell nicht bestätigt wurden und es unterschiedliche Aussagen der Anwesenden gibt.
  • 11) Als Anhänger Rousseaus, der die Naturverbundenheit pries, praktizierte Goethe das Nacktbaden.
  • 12) Die Selbstmordrate stieg nach der Veröffentlichung des Buches deutlich an. Wie Werther töteten sich junge Leute aus Liebeskummer und trugen dabei Werther-Tracht. Seit dem 20. Jhdt. wird der Suizid nach dem Vorbild anderer als "Werther-Effekt" bezeichnet.
  • 13) Goethes Lehrgedicht "Das Göttliche" beginnt mit den Worten: "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut! Denn das allein unterscheidet ihn von allen Wesen, die wir kennen."
  • 14) Rudi Carrell (1934-2006), sang 1978: "Goethe war gut, Mann, der konnte reimen, wenn ich es versuch', schwitz' ich Wasser und Blut, und ich merke jedesmal: Goethe war gut!"

(Wolfgang G. Fischer, Album, DER STANDARD, 31.3./1.4.2012)