Wolfgang Leitner vor seinem neu gestylten "ig fahrrad"-Shop. Hier trifft Retro auf Hightech - im Zentrum steht der Servicegedanke.

Foto: Andy Urban

Wien - "Geil", stellt ein Passant vor der Auslage mit dem stilisierten knallorangen Übersegel sachlich fest. Der neben ihm stehende Wolfgang Leitner ergänzt: "Na, für die nächsten 100 Jahre soll's jedenfalls halten." Das vermutlich älteste Fahrradgeschäft der Stadt ist mit seinem neuen Entree des Architektenduos junger_beer im Radl-boomenden Wien des Jahres 2012 angekommen. Vergangene Woche wurde der umgebaute "ig fahrrad"-Shop in der Westbahnstraße 28 neu eröffnet.

Die ersten Belege, dass an dieser Stelle Fahrräder verkauft und repariert wurden, sind exakt 101 Jahre alt. "Wir vermuten, dass Werkstatt und Geschäft sogar noch älter sind", berichtet Leitner, der den Laden 2006 übernommen hat. Vieles zeugt noch von vergangenen Tagen: eine Drehbank in der Werkstatt, vermutlich aus den 30er-Jahren. Der Holzboden hinten im Geschäft ist gewiss nicht jünger. Wie auch die Schubladen-Schränke im Verkaufsraum.

Gemeinsam mit dem frisch umgebauten Eingang spiegelt nun auch das Äußere des "ig fahrrad"-Shops die neue Philosophie wider: Hier trifft Retro auf Hightech. Wie etwa einige der Fahrräder im Verkaufsraum, die trotz Nabenschaltung und ähnlich moderner Ausstattung immer noch am ehesten der Beschreibung "Klassiker" gerecht werden.

Maximal drei Tage Wartezeit

"Unser Hauptgeschäft sind aber immer noch die Services", betont Leitner. Sein Angebot seit 2006: Wer sein Rad zum Service oder zur Reparatur bringen will, muss das nicht anmelden. Was zu tun ist, wird entweder gleich oder in der Regel in maximal drei Tagen erledigt. Ein höchst erfolgreiches Konzept - das neuerdings auch "die radwerkstatt" in der Schönbrunner Straße 102 anbietet.

Der Servicegedanke im "ig fahrrad"-Shop korrespondiert wiederum auch mit der Botschaft, die die gleichnamige Radlobby seit Jahren in der Stadt verbreitet. Denn der Verein "ig fahrrad" ist etwa auch für die Grünen unterwegs - mit der "RadRettung", die Fahrräder bei Veranstaltungen checkt und notfalls repariert - diesen Freitag wieder beim Bikefestival. Öffentlich aktiv ist die "Radlobby IGF" auch mit dem Bikefilm-Festival - oder beim Autofreien Tag mit der heiß diskutierten Aktion "Rasen am Ring" , bei der die Ringstraße für einen Nachmittag lang nicht vom Blech, sondern von einer Picknick-Gesellschaft auf einer Wiese okkupiert wird. Vom Vereinsvorstand hat sich Leitner 2010 allerdings zurückgezogen. "Der Verein ist der Verein, und der Shop ist der Shop", sagt er nun. "Lieber nur eines machen, aber das dafür ordentlich." (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 29.3.2012)