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Auch in Österreich musste der Staat seit 2008 mehrere Banken auffangen. Brüssel will solchen teuren Rettungseinsätzen in Zukunft vorbeugen.

Foto: APA, Reuters; Collage: Korn

Too big to fail: Dieser Begriff hat es ihm Rahmen der Finanzkrise zu trauriger Bekanntheit gebracht. Im europäischen Bankensektor wurde die Unzulänglichkeit der bisherigen Regelungen für den Umgang mit gescheiterten Banken ersichtlich, insbesondere das Fehlen von funktionierenden Mechanismen für grenzüberschreitend tätige Institute.

Die derzeitigen auf EU-Ebene bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die in nationales Recht umgesetzte Insolvenzrichtlinie 2001/24/EG, regeln nur lückenhaft die Gesamtaspekte von krisengeschüttelten Kreditinstituten. EU-Mitgliedstaaten standen somit vor der Notwendigkeit, ihren Bankensektor in der Krise massiv finanziell zu unterstützen, da eine Insolvenz von (systemrelevanten) Banken ohne größere makroökonomische Auswirkungen nicht riskiert werden konnte.

Nationale Ebene

Entgegen der bis dahin weitverbreiteten Ansicht, Krisenmanagement sei am effizientesten auf nationaler Ebene umzusetzen, wurde durch die Finanzkrise die Notwendigkeit einer Regelung auf europäischer Ebene klar erkennbar. Aus diesem Anlass wurden von der Europäischen Kommission mehrere Mitteilungen veröffentlicht - zuletzt im Oktober 2010: Ein neuer EU-Rahmen für das Krisenmanagement im Finanzsektor - sowie im Jänner 2011 ein Arbeitspapier: Konsultation über Technische Details eines möglichen Rahmens für ein europäisches Krisenmanagement. Derzeit befindet sich ein Richtlinienentwurf zu diesem Thema in Bearbeitung. Dessen Zielsetzung ist es, den geordneten Ausfall von in Schwierigkeiten geratenen Kreditinstituten zu ermöglichen, und zwar unabhängig von ihrer Größe und Systemrelevanz.

Zu effektivem Krisenmanagement gehören nach Ansicht der Kommission bereits Präventionsmechanismen. Darunterfallende Maßnahmen - wie die Stärkung der aufsichtsrechtlichen Befugnisse, Verpflichtung eines jeden dem Rahmen unterstellten Unternehmens zur Erstellung von konkreten Sanierungs- und Abwicklungsplänen usw. - sollen die frühzeitige Erkennung von wachsenden Problemen und den besseren Umgang mit Unternehmenskrisen sicherstellen. Als nächste Regelungsebene sind Maßnahmen der Frühintervention angedacht. Diese haben zum Ziel, erkannten Problemen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt entgegenzuwirken. Die Befugnisse der Aufsichtsbehörde zu diesem Zweck sollen unter anderem das Recht umfassen, die Absetzung der Geschäftsleitung zu verlangen, einen "special manager" zur Geschäftsführung auf bestimmte Zeit zu ernennen sowie ein Unternehmen zur Umsetzung eines Sanierungsplans oder zur Trennung von bestimmten Geschäften oder Geschäftsbereichen anzuhalten.

Bad Bank oder Bail-in

Zuallerletzt, wenn die vorerwähnten Maßnahmen nicht mehr greifen (können) und keine realistische Chance auf Besserung besteht, sollen Abwicklungsinstrumente ansetzen. Diese umfassen z. B. die Befugnis zur Anordnung einer Übernahme durch ein intaktes Institut, eine Übertragung der Geschäfte an eine Brückenbank, eine Abspaltung der notleidenden Vermögenswerte in eine sogenannte "Bad Bank" und - als Ultima Ratio - das Fortbestehen des Instituts unter Schuldenabschreibung oder deren (endgültiger oder temporärer) Konvertierung in Eigenkapital (Bail-in). Trotz primärer Anwendung des allgemeinen Insolvenzrechts sollen Abwicklungsmaßnahmen nicht vom Eintritt von Insolvenzeröffnungsgründen abhängig sein. Die Abwicklungskosten wären durch die Mittel eines zu gründenden nationalen Abwicklungsfonds zu decken, der von den betroffenen Rechtsträgern ex ante sowie ex post zu finanzieren wäre.

Die Kommission glaubt, dass neben all den harmonisierten Instrumenten auch eine funktionierende grenzüberschreitende Zusammenarbeit von höchster Bedeutung ist. Zu diesem Zweck schlägt sie die Einrichtung von speziellen, auf den bestehenden Aufsichtsgremien aufbauenden EU-Sanierungskollegien vor. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind an sich zu begrüßen. Ob damit die selbstgesteckten Ziel erreicht werden, lässt sich allerdings erst nach Veröffentlichung des Richtlinienentwurfs beurteilen. (Jasna Zwitter-Tehovnik, DER STANDARD, 28.3.2012)