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"Wer wäre schließlich besser geeignet, ein Volk von Geigern und Tänzern Mores zu lehren als ein Tanzlehrer?" - Thomas Schäfer-Elmayer, künftiger Vorsitzender eines Moralsenats?

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Auf dem Weg ins Altersheim freut man sich immer wieder über gute Ratschläge von "Junggebliebenen, die dort schon angekommen sind. Eines dieser Rezepte, die ewige Jugend versprechen und vor allem von alternden Fernsehstars nicht nur angewendet sondern auch bereitwillig weiter gegeben werden, lautet: "Immer neugierig bleiben!"

Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Wie soll man seine Neugier entfachen, wenn man den nach den letzten Ereignissen in unserem Land auf nichts mehr neugierig ist?

Eine der Möglichkeiten, die zwar große Disziplin erfordert, ist die konsequente Ansicht von Fernsehdiskussionen. Besonders die Diskussion " Im Zentrum" eröffnet immer wieder neue Perspektiven. Am 25.3. diskutierte man hier über die Sinnhaftigkeit eines Verzweiflungsprojekts des ÖVP- Vorsitzenden und Vizekanzlers Spindelegger, einen "Verhaltenskodex" für Politiker im Allgemeinen und für ÖVP Politiker im Besonderen einzuführen.

Weil aber alle Nicht-ÖVP-Politiker überzeugt davon sind , dass sie nicht verhaltensgestört sind, wird sich so ein Verhaltenskodex nur für ÖVP-Politiker segensreich auswirken.

Die Diskutanten waren sorgfältig ausgewählt und kompetent. Wer sollte besser Auskunft geben können über die Wichtigkeit von Transparenz und Korruptionsbekämpfung als ein internationaler Baulöwe, der vor allem mit russischen Oligarchen dafür sorgt, dass im Baugeschäft alles mit rechten Dingen zugeht. Ein "Werbe-Tycoon" im Nadelstreif sprach sich für den "Kodex" und gegen radikale Gesetze aus. Wahrscheinlich fürchtet er um die vielen Schwarzgeldmillionen, die bei der Wahlwerbung fließen und nicht versteuert werden müssen.

VP-Minister Berlakovits meinte, dass seine Parteifreunde so einen Kodex auf jeden Fall nötig hätten, verweigerte aber ansonsten jede Auskunft über seinen Parteifreund Amon. Aufhorchen ließ indes ein ehemaliger Bundesgeschäftsführer der SPÖ, der in dieser Funktion zu der Meinung kam, Politiker müssen "bessere" Menschen sein.

Endlich spricht einer aus, was wir schon immer geahnt haben. Aber was ist ein besserer Mensch? Diese Frage ist leichter zu beantworten als man glaubt: Ein besserer Mensch ist der, der am öftesten im Fernsehen ist. Das ist doch logisch. Es ist daher verständlich, ,dass jeder Politiker ein besserer Mensch werden will.

Wichtiger als jeder Verhaltenskodex ist daher der Einfluss der Politik auf das Fernsehen. Darüber, glaube ich, sind wir uns alle einig. Denn wer will schon verhindern, dass Politiker bessere Menschen werden wollen. Und obwohl eine Meinungsforscherin ihr Forschungsergebnis mitteilte, wonach die Leute auf den Unsinn, der hier verzapft wurde, nicht sehr neugierig wären, holte die Redaktion zu einem letzten triumphalen Schlag aus und präsentierte als obersten Sittenrichter einen Mann, der durch unzählige Fernsehsendungen gesalbt wurde: den Tanzlehrer Schäfer-Elmayer.

Richtig! Wer wäre besser geeignet, ein Volk von Geigern und Tänzern Mores zu lehren, als ein Tanzlehrer? Er wäre der ideale Vorsitzende einer Kommission von besseren Menschen, die eine neue Rangordnung der Werte festlegen sollte. Als Kommissionsmitglieder empfehlen sich viele kluge Köpfe, die wir immer wieder in "Seitenblicke" oder "Chili" sehen. Janine Schiller, Dr. Ainedter, Richard Lugner und Toni Polster wären sicher bereit. Von Dompfarrer Toni Faber ganz zu schweigen.

Ein Moralsenat!

Selbstverständlich wird es nicht von heute auf morgen möglich sein, aus Politikern ehrliche Menschen zu machen, aber ein Beispiel aus Rumänien könnte allen ein Ansporn sein. Mein Freund Herwig Gurtner sel., der in Rumänien aufgewachsen war, weil sein Vater der Vertreter einer großen deutschen Straßenbaufirma war, erzählte mir folgende Geschichte:

Als vor dem Krieg eine Straße von Bukarest nach Gallatz gebaut werden sollte, bemühte sich Gurtner, diesen Auftrag zu bekommen. Die Mutterfirma in Deutschland ließ ihn wissen, dass er dafür dem Bautenminister rund eine Million Dollar geben müsse. Gurtner sel. traf also den Minister zu einem Vieraugengespräch, lobte die Vorteile seiner Baufirma und meinte am Schluss: "Selbstverständlich wissen wir um Ihre karitativen Aktivitäten und ich möchte Ihnen, selbstverständlich unter äußerster Diskretion und Geheimhaltung, eine Million Dollar zukommen lassen."

Der rumänische Minister lächelte freundlich und sagte in fließendem Deutsch : "Wissen Sie was Geben Sie mir zwei Millionen - und erzählen Sie es allen." Hand aufs Herz , diese Art von Transparenz müsste doch auch bei uns möglich sein. (Thaddäus Podgorski, DER STANDARD, 27.3.2012)