Zum Gepäck von Ernst Karl Graf Hoyos (Mitte) zählten stets ein eigenes Fotozelt und dutzende Liter Entwicklerflüssigkeit.

Foto: Rosenburg

Seine Jagdreisen führten ihn zwischen 1880 und 1914 in entlegene Weltgegenden, die oft noch gar nicht kartografiert, ...

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... vor allem aber nicht fotografiert worden waren.

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Angezogen durch den geheimnisvollen Zauber, den Afrika auf so viele ausübt, und verlockt durch die jagdlichen Erfolge englischer Sportsleute im Somalilande, trat ich mit Graf Richard Coudenhove anfangs November 1893 eine Reise nach dem afrikanischen Osthorne an (...). Der Zweck unseres Zuges war die Suche nach Jagd und Abenteuern und wenn (...) wir, verlockt durch den Reiz des Unbekannten, weiter ins Innere drangen, als ursprünglich geplant, so geschah dies zwar auf Kosten der Jagd, (...) brachte uns aber dafür die Genugtuung, als erste Europäer mit dem wilden Stamme der Au-lihan-Somali Freundschaft geschlossen zu haben.

Es waren weitgehend unbekannte Weltgegenden, in die Ernst Karl der Jüngere Graf Hoyos-Sprinzenstein vordrang. Kaum kartografiert, schon gar nicht fotografiert. Umso interessanter ist der historische Schatz, der jahrzehntelang in den Archiven der Rosenburg im Waldviertel verborgen war.

Sein Urenkel Markus Hoyos hat diesen Schatz nun gehoben und gesichtet: Unzählige Bücher und Tagebücher, Briefe, Skizzen, akribisch geführte Jagdregister und vor allem Fotos von Reisen, die den Grafen ab den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts quer über die Kontinente führte – von Nordamerika bis Südafrika, von Grönland bis Indien. Kommendes Wochenende wird auf der Rosenburg eine Ausstellung eröffnet, bei der nun erstmals Fotos und Tagebücher, aber auch Jagdtrophäen und Reiseutensilien von Ernst Karl Hoyos gezeigt werden.

Nach nur drei Jahren Ehe starb seine Frau 1883 im Kindbett des zweiten Sohnes; "das war wohl der Auslöser für die Abenteuer", meint sein Urenkel heute: "Das waren keine Lustreisen, wie wir sie uns heute vorstellen." Von Krankheit und Tod blieben Graf Hoyos und sein Gefolge wie durch ein Wunder weitgehend verschont. Die Reisetoilette, die Infektionskrankheiten vorbeugen sollte, ist auf der Rosenburg ebenso zu sehen wie diverse Gewehre.

Dienstag, 23. Mai 1911, Mongolei. Ein voller Tag ausgefüllt mit Besorgungen und Einkäufen. Ich bin, nachdem ich die unglaublichsten vorsintflutlichen Vehikel (...) besichtigt hatte, der Besitzer einer Tarantass und einer Teleischka geworden und bin neugierig auf die nähere Bekanntschaft mit diesen sonderbaren Marterkästen.

Seine Reisen trat Ernst Karl Hoyos meist mit Jagdfreunden aus Europa an. Equipment und Crew stellte er erst am Zielort zusammen. Besonders aufwändig war dabei seine Leidenschaft für die Fotografie, für die er unter anderem ein eigenes Zelt und dutzende Liter Entwicklerflüssigkeit mitführen musste. Das Ergebnis ist die einmalige Dokumentation von Völkern und Weltgegenden, aber auch von den Jagderfolgen des Grafen.

Erst der Ausbruch des Ersten Weltkriegs bereitete seiner Reiselust ein jähes Ende; Ernst Karl Hoyos kehrte als hochdekorierter Offizier aus dem Krieg zurück und starb schließlich 1940.

Als ich so in die mondbeschienene Landschaft davon fuhr, kamen mir allerlei Gedanken, wie doch alles im Leben schnell vergeht, wie man liebe Menschen – weiße und braune – kennen lernt auf kurze Momente, um sie wahrscheinlich nie wieder zu sehen. In Kolhapur (Stadt im Südwesten Indiens, Anm.) wird das Leben (...) seinen Weg weiter nehmen (...) wenn ich schon längst in die glücklichen Jagdgefilde hin über sein werde.

(Andrea Heigl, DER STANDARD, 27.3.2012)