Vor wenigen Tagen bittet ein gewisser "Naturliebhaber" - via Posting zur Frühlings-Check-Geschichte letzte Woche - die Motorradfahrer langsamer und leiser zu fahren. "Jetzt beginnt wieder die Zeit, wo viele Motorradfahrer jede Straße mit einer Rennstrecke verwechseln. Die Zeit, wo man bei einem netten Picknick in einer schönen Gegend den Lärm von Motorrädern ertragen muss, auch wenn die Straße 100 Meter entfernt ist."

Foto: Werk

Ich bin zur gleichen Zeit ziemlich leise unterwegs und fahre die aktuellen Zero-Motorcycles - Elektromotorräder, die ihren Nervenkitzel wo anders her beziehen, als vom Lärm, den sie machen. Der Elektromotor hört sich an wie eine ganz leise Turbine, die freudig hochdreht. Ohne Schaltung, ohne Kupplung geht es von 0 bis zur Vmax - eigentlich wie bei einem Roller, nur ohne das nervige CVT-Getriebe.

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Spannender wird die Geschichte schon vorm Losfahren. Laut Hersteller-Angabe reicht der Akku auf der Reise-Enduro DS für 121 Kilometer. Die Tour, die vor mir liegt, ist 115 Kilometer lang - wenn ich mich nicht verfahre. Und wir wissen ja, dass die Reichweite von Elektrofahrzeugen wie der Normverbrauch bei Autos berechnet wird.

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Um die angegebenen Werte zu erreichen, muss man fahren, als hätte man den Führerschein noch gar nicht - oder seit 100 Jahren. Das passt zu einem Motorrad wie die Zapfsäule mit Tankschlauch auf dem Display der Zero zum Elektroantrieb.

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Eine Anzeige, wie viele Kilometer die DS noch mit der vorhandenen Ladung fahren wird: Fehlanzeige. Ein paar Balken geben an, wie viel Strom noch im Akku ist und basta. Als die DS dann auch noch losfährt, als ich am Gasgriff spiele, obwohl ich den Seitenständer noch heraußen hatte, stützt mein Vertrauen auch nicht. Aber ich muss eh zugeben: Ich bin schon vor der Fahrt extrem skeptisch, ob die neue Palette der Zero-Motorcycles so viel besser ist als die vorangegangene.

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Zero hat vor allem beim Antrieb nachgebessert. Die Z-Force-Akkus sind nun stärker, damit steigt die Reichweite und die Leistung der Motorräder. Um die 120 Kilometer weit fahren die DS und die nackte S nun mit einer Ladung aus dem 6 kWh-Akku, die DS bis 129, die S bis 142 km/h schnell. Aber auch die Fahrrad-Gabeln und Radl-Bremsen sind nun Geschichte. Die patscherte Sitzgeometrie hat sich auf den ersten Blick nicht geändert.

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Doch nach den ersten Metern wird klar, nein, man sitzt jetzt besser auf den Zeros. Besser, aber nicht wirklich gut. Seitlich der Akkus zieht eine Strebe nach vorne, und die drückt sich ungeschickt in den Oberschenkel. Man gewöhnt sich zwar daran, sexy ist das aber trotzdem nicht.

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Das Fahrwerk ist auch noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Es ist hölzern wie ich seinerzeit in der Tanzschule - zumindest, wenn es um die Straßenmodelle geht. Die Offroader, deren Akku eine maximale Leistungsfähigkeit von drei kWh hat, sind da aus einem anderen Holz geschnitzt. Mit der MX lässt es sich sogar springen, und sie schlägt nicht, wie die Vorgängerin, schon bei der Table-Anfahrt durch.

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Noch dazu ist die Motocross-Zero ein echtes Biest geworden. Sie reißt vom Stand weg an, dass ich Mühe habe, mich am Bock zu halten. Und das liegt nicht nur am Überraschungsmoment, weil die Straßenmodelle so sanft beschleunigen. Die Zero-Burschen haben für die kurze Teststrecke einfach das Mapping am Computer angepasst, und die Zero gibt nun unten raus alles.

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Auf einer weitläufigeren Strecke würde man einfach wieder den Laptop anschließen, ein paar Knöpfe drücken und die Höchstgeschwindigkeit anheben. Geht angeblich alles ganz einfach und ist nicht so kompliziert wie bei Verbrennungsmotoren, wo nur ein Techniker ins Mapping eingreifen kann.

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Nach dem Abstecher mit der Zero MX steige ich wieder auf die DS, um meine Runde zu beenden. Gefahrene Kilometer inzwischen: 85. Das Display blinkt und bittet so um Strom. Aber um ehrlich zu sein: Ich hätte nicht gedacht, dass ich überhaupt so weit komme.

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Ich beschließe, die letzten gut 20 Kilometer trotzdem zu fahren. Wenn die Akkus leer sind, stelle ich die Zero einfach an den Straßenrand und fahre mit dem Taxi zurück. Wegkommen wird die DS wohl nicht, wenn man sie schieben muss.

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14 Kilometer später, immer noch ordentlich getrieben, zeigt das Display nicht einmal mehr nix im Tankbereich an. Nur die Zapfsäule blinkt noch. Die Zeros kämpfen im Grunde in der 125er-Klasse, liegen aber mit dem neuen Antrieb näher an der 250er.

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119 Kilometer stehen auf der Uhr, als ich am Parkplatz meines Zieles einreite. Die letzten Meter gingen bergauf, die Zero nahm die Steigung ohne Probleme. Sie hat gewonnen - ich habe verloren. 120 Kilometer, ohne das Gas zu schonen, beeindrucken mich sehr.

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Das Fahrverhalten bei über 120 km/h aber nicht. Da schlingert die Zero wie eine besoffene Kuh. Aber das würde jeder normale 125er-Roller bei dem Tempo auch machen.

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Etwas mehr als fünf Stunden später ist die Zero übrigens wieder voll - in unter drei Stunden ginge es mit der Schnell-Ladung. Der 9 kWh-Akku, den es für die DS und S gibt, schafft 60 weitere Kilometer an Reichweite und ist in 8 Stunden, respektive in 4 Stunden, wenn es die Schnell-Ladung sein darf, wieder voll.

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Zero DS (Reise-Enduro)
mit dem ZF6-Akku: 11.495 Euro
mit dem ZF9-Akku: 13.995 Euro

Zero S (Naked)
mit dem ZF6-Akku: 11.495 Euro
mit dem ZF9-Akku: 13.995 Euro

Zero X (Enduro)
mit dem 3kWh-Akku: 9.945 Euro

Zero MX (MotoCross)
mit dem 3kWh-Akku: 9.495 Euro

Zero XU (Urban Crosser)
mit dem 3kWh-Akku: 7.695 Euro

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