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Foto: APA/Holzner
Wien - Wer im Herbst in die USA reisen will und noch einen alten, grünen Reisepass besitzt, muss mit Zores rechnen. Denn am 1. Oktober 2003 treten in den Vereinigten Staaten die mit dem neuen Antiterrorgesetz verschärften Einreisebedingungen in Kraft. Eine davon: Reisedokumente müssen maschinenlesbar sein. Die roten EU-Pässe sind es. Nicht aber die alten grünen, von denen noch immerhin 180.000 Stück in Umlauf sind. Wer damit in die Neue Welt will, benötigt ein Visum.

Für das Visum müssen dem US-Konsulat Grund der Reise, Zielort und Dauer des Aufenthaltes bekannt gegeben werden, auch Fragen nach Krankheiten und Drogenerfahrungen gehören zum Repertoire. Für das US-Visum muss man außerdem 100 Dollar (85 Euro) hinblättern. Zum Vergleich: ein roter EU-Reisepass, wie ihn bereits mehr als 7,3 Millionen Österreicher besitzen, kostet 69 Euro.

Die kommende Verschärfung der US-Einreisebestimmung ist erst der Anfang. Ab Oktober 2004 sollen Reisepässe bereits mit biometrischen Computerdaten der Inhaber versehen sein. Das verlangen zumindest die USA. Digitalisierte Fingerabdrücke und Gesichtserkennung stehen auf der Wunschliste von Asa Hutchinson vom US-Ministerium für Heimatschutz.

Theoretisch sind die einheitlichen EU-Reisepässe bereits biometrietauglich. Was fehlt, sind entsprechende rechtliche Regelungen. Über Staaten, die nicht mitziehen, könnten die USA jedenfalls eine generelle Visumpflicht verhängen. Jeder Ausländer mit Visum wird bereits ab Jänner 2004 bei seiner Einreise fotografiert und muss seine Fingerabdrücke nehmen lassen.

Das Vorpreschen der USA in Sachen Biometrie-Überwachung ruft weltweit Datenschützer auf den Plan. Der US-Experte Simson Garfinkel bringt seine Kritik in dem Buch "Database Nation" auf den Punkt: "Diese Methoden identifizieren nicht Menschen, sondern Körperteile."

Hintergrund: Im Prinzip funktionieren alle biometrischen Systeme nach demselben Prinzip - ein Sensor vermisst ein Körpermerkmal, übrig bleibt ein Zahlenwert. Das Original lässt sich mit diesem Wert nicht mehr rekonstruieren und nur die Datei - also nicht der Fingerabdruck selbst oder das Foto - wird dann mit gespeicherten Datensätzen abgeglichen. Jede Datei kann aber kopiert, gestohlen oder missbräuchlich verwendet werden. Und damit beginnen die Horrorszenarien von Datenschützern. "Man denke nur an die Spitzelaffäre im Zusammenhang mit den Polizeidaten im Ekis-System", meint Hans Zeger von Arge Daten. Ein weiterer Nachteil sei, dass der Missbrauch für einen Betroffenen nur schwer erkennbar ist: "Das Entwenden eines digitalen Daumencodes erfolgt für den Betroffenen unbemerkt. Daraus ergeben sich ungeklärte Fragen der Beweislast und Haftung bei illegalen Handlungen."

Der große Vorteil von biometrischen Methoden, dass sich gewisse Körpermerkmale ein Leben lang nicht verändern, kann dramatische Folgen haben. Bei Diebstahl einer Bankomatkarte etwa braucht man nur eine neue beantragen. Was aber, wenn ein digitales Gesicht gestohlen wird? Dann ist der entsprechende Datenwert auf Dauer kompromittiert. Geeichte Systeme lassen keine zweite Vermessung zu. Wer also sein Gesicht verliert, ist weg vom Fenster. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2003)